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Solarwärme lässt Biogemüse sprießen

Größte Prozesswärmeanlage in Deutschland mit 960 m² in Betrieb gegangen

Auf dem biodynamischen Gemüsehof erzeugen 960 m² Solarkollektoren Wärme für die Beheizung und das Entfeuchten von neun Gewächshäusern.Bild: Winkler Solar

Eine Besonderheit der Anlage liegt in der Wärmeverteilung. Bild: Jürgen Großmann

Um die Module fest zu verankern, wurde das Montagesystem 2,40 m tief in den Boden eingelassen. Bild: Jürgen Großmann

 

In der Bodensee-Region erzeugt seit Ende April eine 960 m² große solarthermische Anlage Wärme für das Beheizen und Entfeuchten von neun Gewächshäusern auf einem Demeter-Hof. Es ist die größte Prozesswärme-Anlage Deutschlands. Eine hohe Förderung im Marktanreizprogramm macht laut Betreiber solche Anlagen wirtschaftlich attraktiver denn je.

Ende April ist in Bohlingen am Bodensee eine der größten solarthermischen Anlagen Deutschlands in Betrieb gegangen. Auf dem biodynamischen Gemüsehof von Thomas Keßler erzeugen nun 960 m² Solarkollektoren Wärme für neun Gewächshäuser. Da sie jeden Tag beheizt werden müssen, kann die Solarwärme gut genutzt werden. Der Biobauer hatte schon länger mit dem Gedanken gespielt, auf Solarwärme umzusatteln. Den letzten Anstoß gaben die verbesserte Förderung für solare Prozesswärmeanlagen im Marktanreizprogramm (MAP) und das Zusammentreffen mit dem österreichischen Kollektorhersteller Martin Winkler. Er ist der Geschäftsführer der Winkler Solar GmbH, Hersteller von Hochleistungskollektoren für alle Einsatzbereiche und Mit-Initiator der Kampagne „Solarwärme für alle“. Das Unternehmen lieferte die 48 Kollektoren für die auf dem Boden aufgeständerte Anlage.

Solarwärme für die Gewächshäuser
In den beheizbaren Folien- und Glas-Gewächshäusern wachsen auf 2600 m² Fläche 5600 Gurkenpflanzen, auf weiteren 3600 m² 10 100 Tomatenpflanzen. Die Temperatur muss dafür konstant bei um die 17 °C liegen. Außerdem muss die Feuchtigkeit in den Abteilungen, wie Keßler sie nennt, reduziert werden, was ebenfalls mit Wärme geschieht. Für die Entfeuchtung wird die Luft mit geringen Temperaturen von ca. 40 °C aufgeheizt. So kann die warme Luft mit der Luftfeuchtigkeit über die Lüftungsklappen der Gewächshäuser entweichen, während gleichzeitig kühlere Luft in die Gewächshäuser strömt. Für diesen Prozess benötigt Keßler rund 1470 MWh Wärme im Jahr.
Einige Jahre hat er noch mit einer Ölheizung geheizt, aber sie dient heute nur noch als Reserveheizung. Denn 2004 hat Keßler eine Hackschnitzelheizung mit 300 kW Leistung einbauen lassen, 2007 kam noch eine Stückholzheizung mit 350 kW Leistung dazu. Doch selbst wenn sein Brennstoff zum größten Teil aus der Region stammt und die Verbrennung CO2-neutral ist: „Ich sehe nicht ein, dass ich im Sommer Holz verbrenne, wenn die Sonne auch für Heizenergie sorgen kann“, erklärt der Biobauer.

Hohe Förderung für Prozesswärmeanlagen
Die Entscheidung, nun tatsächlich eine Solarwärmeanlage zu bauen, fiel, als die Förderung für Prozesswärmeanlagen im Marktanreizprogramm (MAP) stark angehoben wurde. Als Prozesswärme wird die Heizenergie bezeichnet, die zum Be- und Verarbeiten in Herstell- und Verarbeitungsprozessen dient. Für diesen Anlagentyp werden 50 % der gesamten Netto-Inves­titionssumme erstattet, das heißt, nicht nur der kompletten Materialkosten, sondern auch der Montagekosten. Zusammen mit regionalen Förderprogrammen kann die Förderung sogar noch höher sein.
Die Anlage: Auf der Wiese neben den Gewächshäusern wurden auf 2500 m² Fläche 48 Hochleistungs-Kollektoren vom Typ „VarioSol A-antireflex“ installiert. Im Mai lieferte die Solarwärmeanlage an einem sonnigen Tag etwa 3 MWh Wärme. Nach Aussagen des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) ist es die größte Prozesswärmeanlage in Deutschland.
Zu dem bestehenden Pufferspeicher mit 30 000 l Fassungsvermögen wurde ein zweiter 42 000-l-Speicher aufgestellt. Er wurde im Freien – gut isoliert und abgedeckt – platziert. Der Tagesspeicher heizt sich abends bis auf 80 °C auf und muss morgens wieder aufgefüllt werden. Der ältere Speicher wird aus den beiden Holzkesseln und je nach Bedarf zusätzlich mit Solarwärme gespeist. Der 42 000-l-Speicher nimmt nur Wärme von den Solarkollektoren auf. Beide Tanks zusammen liefern Wärme für die Beheizung und Entfeuchtung an die Gewächshäuser. Zudem beheizen sie die Sozialräume und die Wohnhäuser.
Bei der Montage stellte sich der Boden als Herausforderung dar. Da er sehr weich ist, musste das Montagesystem tiefer als üblich in den Boden eingelassen werden. Anstatt etwa 1,20 m waren es 2,40 m. Die Unterkonstruktion wurde nach dem Muster von Photovoltaik-Gestellen speziell für diese Anlage gebaut.
Jürgen Großmann (Firma Großmann aus Friedrichshafen), der mit der Anlagenplanung betraut war, fällt noch eine andere Besonderheit ein: die Einbindung in das bestehende Wärmenetz und die Verteilung der Wärme. Er hat den schwankenden Temperaturbedarf berücksichtigt, der auf dem Hof anfällt. Daher wurden an beiden Speichern drei Punkte bestimmt, an denen Wärme entnommen werden kann. Zum Entfeuchten der Gewächshäuser wird z. B. 40 °C warmes Wasser benötigt, das im unteren Bereich entnommen wird. 70-grädiges Wasser für die Beheizung der Gewächshäuser hingegen wird am höchsten Punkt des neuen Speichers oder aus dem bestehenden Speicher entnommen.

Fast gänzlicher Verzicht auf fossile Brennstoffe
Die ersten Erfahrungen mit der Anlage seien sehr gut, sagt Keßler Mitte Juni. Er will jetzt einen dritten Speicher installieren lassen, damit er noch mehr Solarwärme nutzen kann. Ohne die Förderung hätte er die Anlage aber nicht bauen können, räumt er ein. Im Moment sei es noch etwas teurer, eine Megawattstunde Wärme mit einer solarthermischen Anlage zu erzeugen, als es mit einer Hackschnitzelanlage der Fall wäre. Er geht jedoch davon aus, dass er bei dem zu erwartenden Anstieg der Holzpreise in 3 bis 4 Jahren „auf einem positiven Stand“ sein wird. „Ich habe jetzt etwas Teureres getan, aber ich habe es für die Umwelt getan“, sagt er. Und eines freut ihn jeden Tag aufs Neue: „Öl brennt bei uns nur noch im Traktor.“

www.solarwaerme-fuer-alle.com

 

Solarthermie-Kampagne „Solarwärme für alle“

„Solarwärme für alle“ ist eine Kampagne von Solar- und Heizungsfachbetrieben, Systemanbietern und Komponenten-Herstellern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz für die Nutzung von Solarwärmeanlagen. Ziel des Netzwerks ist es, die Wärmewende voranzubringen: weg von fossilen Brennstoffen und hin zu regenerativen Anlagen. Das Netzwerk bietet qualitativ hochwertige Solarthermie-Komponenten wie Steuerungen, Kollektoren und Wärmespeicher sowie jahrzehntelange Erfahrung in der Planung und dem Bau von Solarwärme- und Holzheizungen für alle Anwendungen, so z. B. bei Ein- und Mehrfamilienhäusern, im Gewerbe und in der Landwirtschaft.

 


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