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So kommt der Regen vom Flachdach

Regenwasser per Schwerkraft bzw. Unterdruck ableiten

Das Flachdach erlebt eine Renaissance auch bei Wohngebäuden, insbesondere im Geschossbau. Im Bild: Wohnbebauung „Hafengold“ im Offenbacher Hafen. Das Ensemble umfasst neun Baukörper mit jeweils sieben Ebenen. Bild: vdd Industrieverband Bitumen-Dach- und Dichtungsbahnen

Flachdachsanierung nach dem Dallmer-Prinzip. Bild: Dallmer

Gestrafftes Sortiment: Geberit hat das Produktportfolio des Dachentwässerungssystems „Pluvia“ vereinheitlicht und die Montage vereinfacht. Bild: Geberit

Unterdruck-Dachentwässerungssysteme ermöglichen lange Leitungsstrecken mit kleinen Rohrdimensionen bei einer zugleich geringen Anzahl an Fallleitungen. Bild: Geberit

Gusseisen ist nicht brennbar, entspricht der Baustoffklasse A1 und bringt keine zusätzliche Brandlast mit sich: Flachdachablauf Passavant. Bild: ACO Haustechnik

Mit der „Loro-X Duostream“-Kaskadenentwässerung werden Flachdächer und darunter liegende Dachterrassen zuverlässig mit nur zwei Strängen entwässert. Bild: Loro

Der flache „SitaDSS Indra“ – hier mit „SitaAirstop“ als Freispiegelentwässerer und mit dem gelben „SitaMore“-Anstauelement für die Notentwässerung. Bild: Sita

 

Ein Flachdach ist nicht wirklich flach im Sinne von „neigungslos“: Tatsächlich empfehlen die entsprechenden Richtlinien des Zentralverbands des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH) eine Neigung von mindestens 2 %, besser 5 %. Dennoch reicht das nicht immer für eine Freispiegel-Entwässerung aus; dann kommt Unterdruck zu Hilfe. Ob per Freispiegel oder Druck: Kleine Fehler können große Folgen haben.

Fallen die Stichworte „Bauhaus“ und „Walter Gropius“, hat man schnell die zugehörige geometrisch-klare Architektursprache vor Augen. Ein charakteristisches Element: Das Flachdach. Später, in den 1960er- und 1970er-Jahren, wurden Flachdächer gern beim Bau von Bungalows gewählt, hauptsächlich aber für Gewerbegebäude. Nun gibt es eine Renaissance auch bei Wohngebäuden, insbesondere im Geschossbau. Denn Flachdächer sind recht praktisch – lässt sich doch beispielsweise das obere Geschoss ohne Schrägen wie beim Steildach besser nutzen. Flachdächer eignen sich zudem gut für eine Begrünung. Nicht zuletzt bietet sich die flache Konstruktion als Grundfläche für Solaranlagen an.

Regenspende: Vom Himmel hoch
Gewichtige Nachteile sind ebenfalls konstruktionsbedingt: Wegen der fehlenden Schräge des Steildachs ist das Abführen des Regenwassers aufwendiger. Im Winter muss auf die Schneelast geachtet werden – der Schnee-Winter 2018/2019 führte das deutlich vor Augen: Vielerorts wurden die Schneemassen zu einer echten Bedrohung für Hab und Gut. Das technische Hilfswerk, Feuerwehren und eine Vielzahl freiwilliger Helfer waren im Dauerein­satz, um im Süden Deutschlands, in Öster­reich und in der Schweiz Dächer von den Schneelasten zu befreien und so vorm Einsturz zu bewahren.
AEG Haustechnik offeriert als probate Lösung Freiflächenheizungen: Dabei bilden Bodenfühler und Eismelder ein vollautomatisch geregeltes System, in dem Energie nur wenn erforderlich aufgewendet wird. Klar: Das hilft natürlich nur, den Schnee zu schmelzen. Die Entwässerung ist damit nicht gelöst.

Freispiegel- oder Druckentwässerung?
Flachdächer sind in aller Regel der Witterung komplett frei ausgesetzt; das Regenwasser muss auf dem kürzesten und schnellsten Weg in die Entwässerungseinrichtungen abgeleitet werden.
Bei Flachdächern erfolgt die Entwässerung in der Tiefpunktebene; jeder Tiefpunkt einer Dachfläche wird über einen Dachablauf und einen separaten Notablauf entwässert. Entwässerungsleitungen, die das Regenwasser unter Normalbedingungen ableiten, müssen gedämmt sein, wenn die darunter liegenden Räume beheizt sind, da sie Wärmebrücken in der Dachkonstruktion darstellen. Beheizte Abläufe verhindern das Vereisen bei Minusgraden, vor allem wenn die darunter liegenden Räume nicht beheizt sind.
Prinzipiell stehen zum Abführen des Niederschlagwassers die Schwerkraft- oder die Druckentwässerung zur Verfügung (Flachdachentwässerung nach DIN 1986-100 und DIN EN 12056-3). Für kleinere Flächen eignen sich in der Regel Systeme zur Freispiegelentwässerung. Auf großen Dächern ab 150 m² werden Systeme mit Unterdruck bevorzugt, so die Einschätzung von ACO Haustechnik. Sowohl für Freispiegel- als auch für Druckrohrentwässerungsanlagen dürfen nur nach DIN EN 1253-2 geprüfte und für geeignet befundene Dachabläufe eingesetzt werden.

Freispiegelentwässerung

Bei der Freispiegelentwässerung gelangt das Wasser über mehrere Fallleitungen in eine im Gefälle verlegte Grundleitung. Der Abfluss des Regenwassers erfolgt dabei über die „physikalische Gesetzmäßigkeit der Schwerkraft“, wie Dallmer es formuliert.

Druckstromentwässerung (Unterdruck)
Bei der Ableitung des Regenwassers per Druckstromentwässerung wird in der Sammelleitung ein Unterdruck erzeugt. Da ein Druckrohrsystem physikalisch bedingt in Vollfüllung betrieben wird, können die unterhalb des Daches verlaufenden Leitungen ohne Gefälle verlegt werden. Somit sei eine bessere Raumnutzung möglich, betont Dallmer. Die hohe Fließgeschwindigkeit sorgt zudem für eine Selbstreinigung des Rohrsystems und verringert den Wartungsaufwand.
Geberit ergänzt: Die Unterdruck-Dachentwässerung arbeitet mit kleineren Rohrquerschnitten und benötigt weniger Fallleitungen, was auch die Zahl der Grundleitungsanschlüsse reduziert. Die Verlegung ohne Gefälle vereinfacht die Montage. Auch sind die Kreuzungspunkte mit anderen gebäudetechnischen Installationen unter dem Dach einfacher zu planen. Hintergrund dieser Einschätzung: Gerade in gewerblichen Hallengebäuden ist der Installationsraum unter dem Dach kostbar – neben der Dachentwässerung müssen dort auch Lüftungskanäle, Elektroverteilungen und Leuchten, Deckenheizgeräte oder Deckenstrahlplatten, Dachventilatoren und andere Installationen Platz finden.

Notentwässerung
Laut DIN 1986-100 ist sicherzustellen, dass eine kontrollierte Funktion der Regenentwässerung auch bei einer Überlastung (Jahrhundertregen) gewährleis­tet ist. Dazu ist eine Notentwässerung in Form eines Notüberlaufs vorgeschrieben. Achtung: Die Notentwässerung ist frei auf das Grundstück zu führen; ein Anschluss an den Kanal ist nicht erlaubt. Hintergrund hier: Öffentliche Kanalnetze sind aus wirtschaftlichen Erwägungen nicht für den Jahrhundertregen ausgelegt. Ein möglicher Rückstau in der Kanalisation soll das Gebäude nicht gefährden.
Die DIN 1986-100 gibt auch die Berechnungsgrundlage vor, mit der das zu erwartende Regenwasser berechnet wird, nämlich die örtliche Fünfminuten-Regenspende (Werte nach KOSTRA-DWD 2010). Dies ist eine Kenngröße zur Berechnung der Regenmasse, die – abhängig von der jeweiligen Region – statistisch gesehen einmal in fünf Jahren zu erwarten ist. Dabei geht man von einer Regendauer von 5 Minuten aus und misst die Menge in Liter pro Sekunde und Hektar.

Klimawandel führt zu mehr Starkregen
Es ist davon auszugehen, dass infolge des Klimawandels Starkregen häufiger auftreten. Damit kommt der Dachentwässerung eine wachsende Bedeutung zu. Keine Überraschung also, dass auch auf der gerade zu Ende gegangenen ISH 2019 Systeme zur Dachentwässerung präsentiert wurden. Der Schwerpunkt bei Loro lag auf Systemen zur Staffelgeschoss- und Kaskadenentwässerung – wie die Kaskadenentwässerung „Loro-X Duostream“ mit Mehrgeschossabläufen. Dieses System entwässert das Dach und die darunter liegenden Dachterrassen bis zum Erdgeschoss mit nur zwei Sammelleitungen, eine für die Haupt- und eine für die Notentwässerung.
Um die Montage zu vereinfachen, hat Geberit die Dachwassereinläufe des Systems „Pluvia“ überarbeitet: Die neuen Einläufe seien nicht nur kompakter, sondern auch einfacher zu handhaben.

Abläufe: Aus Gusseisen? Ecoguss? Kunststoff?
Gusseisen ist nicht brennbar, entspricht der Baustoffklasse A1 und bringt somit keine zusätzliche Brandlast ins Gebäude ein – das sind gewichtige Vorteile. ACO Haustechnik sagt über seinen Flachdachablauf aus Gusseisen für die Freispiegelentwässerung, er trage „den gewachsenen Anforderungen der Dachentwässerung“ Rechnung: mehr Sicherheit beim Brandschutz (Feuerwiderstandsklassen R30 – R120 schon bei einer Mindeststärke des Flachdaches von 150 mm), höhere Langlebigkeit durch den Werkstoff Gusseisen, Flexibilität bei der Anbindung sowie Kompaktheit in der Bauform. Der Ablauf in Verbindung mit der Brandschutzkartusche sorge für integrierten Brandschutz: Unabhängig davon, welche Rohrleitung angeschlossen werde (Kunststoff, Stahl oder Gusseisen) – Brandschutz sei immer gewährleistet. Gusseisen kann auch in Sachen Langlebigkeit punkten: UV-Beständigkeit, Widerstandsfähigkeit gegen große Hitze und Kälte.
Kessel offeriert „Ecoguss“-Flachdachabläufe in DN 70, DN 100 und DN 125 mit einem umfangreichen Systemzubehör: Neben einem Schlammfang ist ein Anstauring zur Notentwässerung erhältlich, wie von der DIN gefordert. Der Anstauring lässt sich auch im eingebauten Zustand des Ablaufes nachrüsten. Durch den mit dem werkzeugfreien „Lock & Lift“-System ausgestatteten Distanzring lässt sich der Kiesfangkorb auf die entsprechende Höhe der Kiesschüttung anpassen – auch nachträglich, z. B. bei Sanierungsmaßnahmen. Passende Isolierkörper oder Verlängerungsstücke für variable Einbautiefen stehen ebenso zur Verfügung.
Erkennungszeichen: ultraflache Bauart. Mit nur 98 mm Bauteilhöhe fügen sich die „SitaIndra“-Gullys von Sita aus wärmedämmendem Polyurethan-Integral-Hartschaum „in jede Wärmedämmung ein“. Das „abflussoptimierte Design“ in Kombination mit dem 189 mm großen Einlauftopf sichere eine effektive Entwässerung – in der Haupt- und/oder Notentwässerung (hier mit gelbem „SitaMore“-Anstauelement), bei der Freispiegel- oder Druckströmungsentwässerung. Sita hebt den „SitaDSS Indra“ hervor: Er arbeite so effektiv wie ein Druckströmungs-Gully, sei aber mit seiner „hohen Ablaufleistung“ (bis zu 17,3 l/s) so einfach zu planen wie ein Freispiegel-Gully. Auch bei kleineren Dachflächen werde die Vollfüllung der Rohre erreicht, verspricht das Unternehmen.
Um den Einbau zu erleichtern, kommen die neuen Gullys von Sita im Komplett-Set auf die Baustelle. Jedes Set enthält alle erforderlichen Bauteile inklusive Dämmkörper, Anschlussrohr, Dampfsperrplatte, Bogen und Fallrohr in der gewünschten Länge (2, 3, 4 m). Für die Freispiegel- oder Druckströmungsentwässerung stehen jeweils zwei Sets zur Wahl. Für den optisch gelungenen Abschluss dient eine optional erhältliche Fassaden-Abdeckplatte aus Edelstahl.

Regenentwässerungsanlagen bei Dachbegrünungen

Dachbegrünungen haben aufgrund der ökologischen, funktionalen und gestalterischen Vorzüge erheblich an Bedeutung gewonnen. Die exakte Planung und Ausführung der Regenentwässerungsanlagen von begrünten Dachflächen sind allerdings nicht trivial, darauf weist das IZEG (Informationszentrum Entwässerungstechnik Guss) hin. Bei der Planung, Ausführung und Pflege von Dachbegrünungen müssen die Anforderungen der aktuellen „Dachbegrünungs-Richtlinien“ umgesetzt werden. Die Entwässerung muss demnach durch den Schichtaufbau und über die Oberfläche sichergestellt sein.1)

Software-Unterstützung für Planer
Alle Hersteller von Dachentwässerungs­systemen unterstützen Ingenieure und Planer bei der Auslegung von solchen Anlagen, sei es in Form einer persönlichen Betreuung oder einer Software. Bei Geberit beispielsweise heißt das Programm „ProPlanner“. Außerdem stellt der Anbieter für das gesamte „Pluvia“-System ein Plugin für Autodesk Revit zur Verfügung. Damit kann der Planer die Auslegung und Dimensionierung des Gesamtsystems direkt im Autodesk Revit zeichnen und berechnen. Mit beiden Planungsmöglichkeiten lassen sich Materiallisten erstellen, Installationszeiten ermitteln und Angebote berechnen. Geberit bietet darüber hinaus bei komplexen Dachstrukturen und -formen, bei denen die hydraulischen Berechnungen, die Platzierung der Dachwassereinläufe und die optimale Führung der Rohrleitungen eine entsprechende Erfahrung erfordern, Unterstützung durch Spezialisten an.

Wartung: Gefragtes Expertenwissen
Der vdd (Industrieverband Bitumen-Dach- und Dichtungsbahnen) empfiehlt, Flachdächer mindestens einmal jährlich zu inspizieren. Eine Inspektion umfasst die Feststellung des Ist-Zustandes der Abdichtungsschicht in der Fläche sowie an An- und Abschlüssen, Durchdringungen, Bewegungsfugen, Entwässerungseinrichtungen oder Be- und Entlüftungsöffnungen. Eine darauf aufbauende Wartung umfasst mindestens die Entfernung unerwünschten Pflanzenbewuchses, die Beseitigung von Kiesverwehungen sowie die Reinigung von Gullys, Dachrinnen, Fallrohren, Laubfängen, Be- und Entlüftungsöffnungen.

Autor: Hans-Jürgen Bittermann, freier Journalist mit Pressebüro bitpress


1) Ein ausführlicher Beitrag zur Entwässerung von begrünten Flachdächern findet sich hier.

 


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