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Sicher ist sicher, weniger ist mehr

Die Leitsätze der Trinkwasserverordnung gelten nach der Überarbeitung umso mehr

Die novellierte Trinkwasserverordnung bringt in einige Handlungsfelder neuen Schwung. Bei Überschreitungen technischer Maßnahmenwerte meldet das Labor diesen Wert direkt dem Gesundheitsamt, und es ist eine Gefährdungsanalyse gemäß der neuen Richtlinie VDI/BTGA/ZVSHK 6023 Blatt 2 durchzuführen.

Sicher ist sicher: Für Probennahmen müssen die entsprechend geschulten Fachkräfte künftig von akkreditierten Laboren entsandt und dürfen nicht mehr vom gewerblichen Betreiber separat beauftragt werden.

Sämtliche Bauteile in Installationen müssen bestimmungsgemäß der Trinkwasserversorgung dienen.

Dr. Christian Schauer, Leiter Kompetenzzentrum Trinkwasser bei Viega.

 

Die am 15. Dezember 2017 im Bundesrat verabschiedete überarbeitete Fassung der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) ist am 9. Januar 2018 in Kraft getreten. Das Thema Sicherheit steht hierbei unter zwei verschiedenen Aspekten im Fokus. Primär geht es natürlich um die Absicherung der Trinkwasserqualität und den Gesundheitsschutz. Darüber hinaus aber auch um mehr Rechtssicherheit und erweiterte Informationsrechte für gewerbliche Betreiber und Verbraucher. Gleichzeitig wurden mit der vorliegenden Verordnung weitere Änderungen, Anpassungen und Klarstellungen im Bereich des Trinkwasserrechts vorgenommen. Nachfolgend ein kurzer Überblick der wichtigsten Änderungen und Neuerungen.

Der alles prägende Grundsatz der Trink-wasserverordnung (TrinkwV) ist nach wie vor: „Trinkwasser muss so beschaf-fen sein, dass durch seinen Genuss oder Gebrauch eine Schädigung der mensch-lichen Gesundheit insbesondere durch Krankheitserreger nicht zu besorgen ist. Es muss rein und genusstauglich sein. Die-se Anforderung gilt als erfüllt, wenn bei der Wasseraufbereitung und der Wasser-verteilung mindestens die allgemein aner-kannten Regeln der Technik eingehalten werden …“ (TrinkwV § 4, Abs. 1). Die Neu-ordnung der TrinkwV hat zum einen das Ziel, Abweichungen von den allgemein an-erkannten Regeln der Technik auf die Spur zu kommen, wenn Gesundheitsgefahren durch Trinkwasser zu vermuten sind. Zum anderen sollen Verbraucher besser über die Trinkwasserqualität und mögliche Ge-fahrenpotenziale informiert werden. Zur nachhaltigen Feststellung von Gefähr-dungen wurde deshalb zunächst der Be-griff „Gefährdungsanalyse“ neu definiert.

Vorgehensweise bei Gefährdungsanalysen
Im § 3, Abs. 13 der TrinkwV von 2018 wird eine Gefährdungsanalyse als die „syste-matische Ermittlung von Gefährdungen der menschlichen Gesundheit“ durch eine Wasserversorgungsanlage bezeich-net. Was für eine systematische Analyse heranzuziehen ist, führt die Begriffsbestimmung ebenfalls auf:

  • Die Beschreibung der Wasserversorgungsanlage,
  • Beobachtungen bei der Ortsbesichti-gung,
  • festgestellte Abweichungen von den allgemein anerkannten Regeln der Technik,
  • sonstige Erkenntnisse über die Was-serbeschaffenheit sowie über die Was-serversorgungsanlage und deren Nutzung sowie
  • Laborbefunde und deren örtliche Zuordnung.


Diese Begriffsbestimmung der Gefähr-dungsanalyse lehnt sich an die Definition der Leitlinie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Trinkwasserqualität an. Denn wie die Praxis zeigt, ist eine klar strukturierte Vorgehensweise erforderlich, damit Maßnahmen zur Abwehr von Gesundheitsgefahren kein Aktionis-mus, sondern tatsächlich wirksam sind.
Wie bei einer Gefährdungsanalyse konkret vorzugehen ist, legt nun ein Regelwerk fest. Pünktlich mit der neuen TrinkwV ist im Januar 2018 die Richtlinie VDI/BTGA/ZVSHK 6023 Blatt 2 „Hygiene in Trinkwasser-Installationen – Gefährdungsanalyse“ erschienen.

Probennahme muss auch juristisch sauber sein
Bei der Untersuchung des Trinkwassers auf Legionellen ist nun klargestellt, wer eine Beprobung durchführen darf. In dem neu hinzugefügten § 14a, Abs. 2 der TrinkwV heißt es dazu, dass der Unter-nehmer oder sonstige Inhaber (UsI) einer Wasserversorgungsanlage damit nur eine zuge­lassene Untersuchungsstelle beauftragen darf. Dabei muss der „Untersuchungsauftrag sich auch auf die jeweils dazugehörige Probennahme erstrecken“. Geeignete Labore werden durch die jeweils zuständigen Behörden in den Bundesländern akkreditiert. Und der § 15 TrinkwV stellt klar, dass der Auftrag zur Untersuchung und Probennahme einer Trinkwasseranlage nur vom UsI ausgehen darf.
Diese Präzisierung in der neugeordneten TrinkwV spiegelt damit die aktuelle Rechtsprechung wider (beispielsweise Urteil des LG Hanau 4 O 1204/15 v. 13. 06. 2016). Die häufige Praxis, dass ein Wohnungsunternehmen einen zertifizierten Fachhandwerker oder gar einen eigenen Mitarbeiter mit regelmäßigen Probennahmen beauftragt, die dann einem Labor zur Analyse vorgelegt werden, ist nicht mehr zulässig. Denn hierbei ist die Unabhängigkeit des Probennehmers nicht gegeben. So könnte zum Beispiel eine Beprobung bewusst im direkten Anschluss an eine thermische Desinfektion durchgeführt werden. Eine solche Probe würde allerdings nicht den tatsächlichen hygienischen Zustand der Trinkwasseranlage anzeigen, sondern zu einer Verfälschung der Ergebnisse führen.
Die rechtssichere Praxis muss nun sein, dass ein akkreditiertes Labor mit der Untersuchung beauftragt wird. Daraufhin entsendet das Labor einen zertifizierten Probennehmer – und nicht der gewerbliche Betreiber.
Bei einer neu in Betrieb genommenen Trinkwasseranlage ist die erste Untersuchung nun innerhalb von drei bis zwölf Monaten nach der Inbetriebnahme durchzuführen (§ 14b (6) TrinkwV).

Anzeige- und Informationspflichten ausgeweitet
Eine Neuordnung der Anzeigepflicht bei Überschreitungen technischer Maßnahmenwerte ist im hinzugefügten § 15a (1) der TrinkwV zu finden. Die neue Vorgehensweise ist an die bestehende Meldepflicht des Infektionsschutzgesetzes angelehnt. Demgemäß sind Labore verpflichtet, Erregernachweise von Patienten mit einer akuten Legionelleninfektion direkt an das Gesundheitsamt zu melden, in dessen Zuständigkeitsbereich die Wasserversorgungsanlage liegt. Erregerhinweise im Trinkwasser mussten bislang nicht die Labore, sondern der UsI dem Gesundheitsamt melden. Das ändert sich jetzt. Damit bei einem Legionellenbefund unverzüglich Gegenmaßnahmen ergriffen werden, zeigen die Untersuchungsstellen bedenkliche Legionellenkonzentrationen im Trinkwasser direkt dem zuständigen Gesundheitsamt an. So soll ausgeschlossen werden, dass Verbraucher Gesundheitsrisiken ausgesetzt bleiben, wenn ein Betreiber seiner Anzeigepflicht nicht nachkommt.
Zusätzlich werden die Informationsrechte der Verbraucher gemäß § 21, Abs. 1 TrinkwV gestärkt. Über den jährlichen allgemeinen Report der Trinkwasserqualität hinaus, hat der Nutzer nun auch auf Nachfrage ein Anrecht auf die detaillierten Ergebnisse der Trinkwasseranalyse. Zum berechtigten Informationsumfang zählen:

  • Ergebnisse der regulären Trinkwasser­untersuchung,
  • Ergebnisse von Trinkwasseruntersuchungen, die aufgrund der Überwachung der Trinkwasseranlage durch das Gesundheitsamt angeordnet wurden,
  • Angaben über Aufbereitungsstoffe sowie
  • Angaben, die für die Auswahl von Materialien für die Trinkwasser-Installation nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik erforderlich sind.

Für die Praxis bedeutet das: Werden beispielsweise Legionellen in einer Wasserversorgungsanlage erkannt, ist eine einfache Mieterinformation über einen schlichten Aushang im Gebäude allein nicht ausreichend. Auf Nachfrage muss der gewerbliche Betreiber Auskunft darüber geben, welche Parameter analysiert wurden, wie hoch die einzelnen Werte sind und an welcher Stelle im Gebäude welche Gefährdungslage vorliegt. Aber auch viele Wasserversorger werden künftig auskunftsfreudiger sein müssen. Die knappe Erklärung, dass die Grenzwerte der TrinkwV eingehalten werden, reicht bei Nachfrage nicht mehr aus.

Installationen auf das Wesentliche reduzieren
Auf die Installation der Trinkwasseranlage wirkt sich der hinzugenommene Punkt 7 im § 17 der neuen TrinkwV aus. Er schreibt vor: „Bei der Gewinnung, Aufbereitung und Verteilung von Trinkwasser dürfen nur Stoffe oder Gegenstände im Kontakt mit dem Roh- oder Trinkwasser verwendet und nur physikalische oder chemische Verfahren angewendet werden, die bestimmungsgemäß der Trinkwasserversorgung dienen.“ Nach dem Prinzip „Weniger ist mehr“ sind binnen zwei Jahren nach Inkrafttreten der novellierten TrinkwV alle Stoffe, Verfahren und Gegenstände zu entfernen, die nicht bestimmungsgemäß der Trinkwasserversorgung dienen. Bei einer akuten Gefährdungslage kann das Gesundheitsamt auch das sofortige Entfernen verfügen. Das be-trifft beispielsweise auch Komponenten zur sogenannten Wasserbelebung bzw. -vitalisierung oder Magnetspulen, die der Wasserentkalkung dienen sollen.
Nicht dem Verbot unterliegen Gegenstände und Geräte im Kontakt mit Trinkwasser, die nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik unvermeidbar der Trinkwasserversorgung dienen, wie zum Beispiel Unterwasserpumpen und Messeinrichtungen. Zeitlich befris­tete Einträge ins Trinkwasser wie Gase zur Leckageortung oder Inspektionskameras sind ebenfalls ausgenommen.

Autor: Dr. Christian Schauer, Leiter Kompetenzzentrum Trinkwasser, Viega

Bilder: Viega

www.viega.de

 

 

Nachgefragt
IKZ-HAUSTECHNIK: Bei einer akuten Gefährdungslage, so Ihre Aussage, kann das Gesundheitsamt auch das sofortige Entfernen von Stoffen, Verfahren und Gegenständen verfügen, die nicht bestimmungsgemäß der Trinkwasserversorgung dienen. Was aber ist mit veralgten Filtern, defekten Schaugläsern in Druckminderern, Absperrschiebern und KfE-Hähnen aus dem Heizungsbereich, die unzulässiger Weise eingebaut wurden, oder auch der berühmten Umgehungsleitung?
Dr. Christian Schauer: Im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 2 Infektionsschutzgesetz hat das Gesundheitsamt Maßnahmen zu treffen, um Gefahren für die menschliche Gesundheit abzuwenden, die von Wasser für den menschlichen Gebrauch im Sinne von § 37 Abs. 1 ausgehen können. Insbesondere, um das Auftreten oder die Weiterverbreitung übertragbarer Krankheiten zu verhindern. Es ist allgemein bekannt, dass sich Mikroorganismen, einschließlich krankheitserregender Mikroorganismen, insbesondere bei Temperaturen zwischen 25 °C u. 55 °C sowie in Stagnationsbereichen oder veralgten Filtern stark vermehren können. Das Gesundheitsamt ergreift bei Kenntnis über solche Missstände, die zum Auftreten einer Krankheit führen können, geeignete Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung. Der § 17 Abs. 1 TrinkwV erlegt Planer, Installateur und Betreiber die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik auf. Es ist allgemein bekannt, dass Heizungs-KfE-Hähne nicht in Trinkwasser-Installationen einzubauen sind. Erhält das Gesundheitsamt also Kenntnis über einen anhaltenden Verstoß gegen eine Rechtsverordnung, so kann es diesen nicht dulden. Was zur Folge hat, dass der nicht zugelassene KfE-Hahn entfernt werden muss, da dieser gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verstößt.

IKZ-HAUSTECHNIK:
Gibt es eine Aufklärungspflicht dem Kunden gegenüber, wenn der Installateur im Rahmen einer Wartung oder einer Reparatur vor Ort unzulässige oder potenziell risikobehaftete Bauteile in einer Trinkwasser-Installation vorfindet?
Dr. Christian Schauer: Hierbei handelt es sich um eine Rechtsfrage, die nur durch Juristen abschließend beantwortet werden kann. § 13 StGB lässt hier jedoch bereits beim juristischen Laien eine gedankliche Tendenz zu. „Wer es unterlässt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, ist nach diesem Gesetz nur dann strafbar, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, dass der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht.“

IKZ-HAUSTECHNIK:
Wie ist die richtige Vorgehensweise in dem Fall? Der Kunde wird möglicherweise argumentieren, der Handwerker wolle nur etwas verkaufen.
Dr. Christian Schauer: Der Installateur sollte als Fachmann transparent mit dem Kunden umgehen und ihm genau die hygienischen Hintergründe und Zusammenhänge erläutern, die bei der Nichtbeachtung der gesetzlichen Regelungen entstehen können. Weiterhin kann der Installateur auf offizielle Beratungsstellen, wie bspw. den Bürgerservice des Umweltbundesamtes, verweisen.

 


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