Schweben in 900 000 m3/h Berliner Luft
Spezial-Schalldämmungen am Skydiving-Tower in Berlin
Die Bundeshauptstadt Berlin hat zahlreiche Attraktionen, die jährlich um weitere Highlights wächst. So z. B. mit der „Windobona Indoor Skydiving“-Anlage, die im Jahr 2017 auf dem Gelände des alten Wasserwerks entstand. In der Anlage können Einzelpersonen und Gruppen für einige Minuten frei von jeder Gravitation im Luftstrom schweben. Um die Geräuschemissionen der Ventilatoren zu verringern und dadurch auch einen Betrieb der Anlage am Abend zu ermöglichen, entschied sich der Betreiber für aufwendige Schalldämmmaßnahmen.
Indoor Skydiving ist ein neuer Trendsport und ein Erlebnis für Jung und Alt. Das Schweben in einem vertikalen Tunnel mit Windgeschwindigkeiten bis 280 km/h vermittelt das Gefühl eines freien Falls und ist vergleichbar mit einem Fallschirmsprung aus 4000 m Höhe. Die ab 49 Euro erhältlichen Flüge (Dauer zwei Minuten) beinhalten eine persönliche Einweisung, die Ausrüstung (wie Anzug, Helm und Brille), eine Nachbesprechung mit Videoaufzeichnung des Flugs sowie ein Flugzertifikat. Es können maximal vier Personen gleichzeitig fliegen. Das Maximalgewicht für eine Einzelperson beträgt 120 kg.
900 000 m3/h Luft für 280 km/h
Bild 1 zeigt den Aufb au des insgesamt knapp 20 m breiten und 32 m hohen Gebäudes, in dem sich die 17 m hohe und 4,3 m breite Flugkammer befindet (Punkt 1 in der Abbildung). Die Flugkammer ist mit 4 cm dickem Panzerglas vollverglast. Auf der gegenüberliegenden Seite im Gebäude befinden sich vier stufenlos regelbare Axialventilatoren. Diese haben Durchmesser von je 2,9 m und erreichen eine Gesamtluft leistung von 900 000 m3/h (elektrische Leistungsaufnahme je Ventilator 319 kW). Die Luft umwälzung erfolgt im Zirkularsystem: Die Ventilatoren saugen die Luft über einen Diff usor und Umlenkelemente (Punkte 2 in Bild 1; gebogene Aluminiumprofile) oben aus der Flugkammer ab und drücken sie nach unten, wo sie erneut Umlenkelemente durchströmt. Danach erreicht die Luft eine Düse und wird darin auf eine maximale Geschwindigkeit von 280 m3/h beschleunigt. Der Boden der Flugkammer besteht aus federnden Drahtseilen. Aus den Betriebsdaten Luftvolumenstrom (250 m3/s) und der elektrischen Leistungsaufnahme der Ventilatoren (4 x 319 kW, Ventilatorwirkungsgrad 60 %) errechnet sich ein mittlerer statischer Druck im Luftkanal von etwa 3000 Pa.
Aufwendige Maßnahmen zum Schallschutz
Die „Windobona Indoor Skydiving“-Anlage steht in einem Mischgebiet, in dem die Anforderungen der TA-Lärm einzuhalten sind. Die TA-Lärm fordert maximale Schalldruckpegel in Gewerbegebieten von 65 dB(A), in Kern,- Dorf- und Mischgebieten von 60 dB(A) und in allgemeinen Wohngebieten von 55 dB(A). Diese Grenzwerte müssen in den Abendstunden um jeweils 15 dB(A) verringert werden. Dabei gelten diese Werte jeweils beim Empfänger, also z. B. am Fenster einer Wohnung. Um den Flugbetrieb auch bis 22 Uhr durchführen zu können, waren an der gesamten Anlage aufwendige Maßnahmen zur Schalldämmung erforderlich.
Mit diesen Aufgaben wurden die Spezialisten des Unternehmens Berliner. Luft Technik GmbH betraut. Sie projektierten auf Basis von speziell für dieses Projekt hergestellten Kulissenschalldämpfern geeignete Schalldämpfungsmaßnahmen an den Zu-und Abluftöffnungen des Bauwerks und installierten auch schallabsorbierende Wandverkleidungen. Dazu erklärt Projektleiter Gunnar Beck von Berliner.Luft Technik: „Der entstehende Lärm der Freizeitanlage soll keine „Spaßbremse“ darstellen, den Betrieb beeinträchtigen oder Anwohner stören. Oberstes Ziel war es deshalb, mit den eingesetzten Schalldämmsystemen die Lärmausbreitung so zu reduzieren, dass in der Windobona-Anlage ganzjährig wetterunabhängig geflogen werden kann.“
Planung und Ausführung
Als Grundlage für die schalltechnischen Betrachtungen dienten bereits vorliegende Messwerte einer vergleichbaren „Windobona“-Anlage in Wien. Hier wurden Schalleistungspegel (LwA) für die ungedämpften Zuluftöffnungen von 99 dB(A) je Gebäudeseite und für die Luftaustrittsöffnung mit 104 dB(A) über Dach gemessen. Um einen 24-h-Betrieb der Anlage zu ermöglichen, bedarf es, wie bereits geschildert, der Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte der TA Lärm. Hierzu wurde von einem Ingenieurbüro eine schalltechnische Immissonsprognose durchgeführt, nach der die Schallemissionen auf Schalleistungspegel (LwA) für die Zuluftöffnungen von unter 79,5 dB(A) je Gebäudeseite und für die Luftaustrittsöffnungen von unter 91,6 dB(A) zu begrenzen sind. Über die akustische Optimierung hinaus stand aber auch die Forderung des Anlagenbetreibers, die zu erwartenden strömungstechnischen Verluste (und die damit einhergehenden Betriebskosten) zu minimieren. Dazu wurde bei dem in der Anlage maximal benötigten Volumenstrom von 900 000 m3/h für die Zu- und Abluftöffnungen jeweils ein freier Mindestquerschnitt von 36 m2 bestimmt. Daraus ergibt sich eine mittlere Geschwindigkeit der ein- oder abströmenden Luft von maximal rund 7 m/s.
Um die projektierten Querschnitte zu realisieren, wurden an den seitlichen Zuluftöffnungen des Gebäudes und an den Abluftöffnungen auf dem Dach jeweils außenliegende Stahlbaukonstruktionen angebracht, die zur Aufnahme der Schallschutzmaßnahmen (Schalldämmungen) dienten. Die Stahlbaukonstruktionen wurden nach außen mit einer gedämmten Blech-Außenfassade beplankt. Im Innern sind zusätzlich schallabsorbierende Paneele zum Einsatz gekommen. Darüber hinaus wurden Kulissenschälldämpfer vom Typ „K-200TL“ in der Zuluft und Typ „K- 100TL“ in der Abluft eingesetzt. Die Bereiche der Ansaug- und Abluftöffnungen sind außen mit einem Vogelschutzgitter und Wetterschutzlamellen abgedeckt.