Kraft-Wärme-Kopplung mit ungewisser Zukunft?
Verbände und Unternehmen sehen Novellierung des KWK-Gesetzes kritisch
Der Ende August erschienene Referentenentwurf zur Novellierung des KWK-Gesetzes1) sorgt in der Branche für Diskussionsstoff. Verbände wie der Bundesindustrieverband Technische Gebäudeausrüstung (BTGA) und der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) fühlen sich auf ihren Wegen blockiert. Speziell die Änderungen in puncto Ausbauziele werden kritisiert. Zudem sehen Experten erhebliche Nachteile für Mieter, die direkt vor Ort mit Strom und Wärme aus KWK-Anlagen versorgt werden.
Der Entwurf des Bundeswirtschaftsministeriums wird dem Ziel nicht gerecht, den Anteil der Nettostromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) bis zum Jahr 2020 auf 25 % zu steigern. Zu diesem Schluss kommt der BTGA – Bundesindustrieverband Technische Gebäudeausrüstung. Hintergrund ist, dass sich zukünftig das KWK-Ausbauziel auf die regelbare und nicht wie bisher auf die gesamte Stromerzeugung inkl. Photovoltaik und Windkraft beziehen soll. Mit fortschreitendem Wind- und PV-Ausbau nimmt allerdings die regelbare Stromerzeugung kontinuierlich ab, sodass der KWK-Anteil an derselben automatisch zunimmt und – bereits durch die Sicherung des KWK-Bestands – rasch auf 25 % anwachsen würde. „Sollte im Jahr 2020 festgestellt werden, dass sich der Anteil der KWK an der Stromerzeugung hauptsächlich durch die geänderte Bezugsgröße erhöht, muss man von einer Mogelpackung sprechen“, sagt Günther Mertz, Hauptgeschäftsführer des BTGA. Darauf laufe es leider hinaus, wenn der vorliegende Entwurf, der auf tatsächliche Impulse für die Erhöhung des KWK-Anteils verzichte, umgesetzt werde.
Das ist nicht der einzige Kritikpunkt. So sieht die Novellierung zwar eine Förderung von Gas-KWK-Projekten vor sowie für den Austausch von kohlegefeuerten durch gasgefeuerte Anlagen. Allerdings wird aus Sicht des BTGA die Kraft-Wärme-Kopplung in Industrie und Gebäuden, in denen fast 50 % des KWK-Nettostroms in Höhe von rund 96 TWh erzeugt werden (Stand: 2013), nicht ausreichend berücksichtigt. Außer Acht gelassen werde, dass die steigende Belastung des Eigenstromverbrauchs durch die EEG-Umlage und sinkende Strombezugspreise die Wirtschaftlichkeit und damit den Neubau vieler Anlagen gefährden. Mertz sagt dazu: „Uns alarmieren die Informationen, dass seit 2014 die Neuinvestitionen in KWK-Anlagen in Industrie und Nichtwohngebäuden ins Stocken geraten. Der BTGA fordert daher die Bundesregierung auf, wirtschaftliche Hemmnisse der Umlage für die Industrie durch eine Anpassung der Zuschläge zu kompensieren.
Als Hürde sieht der Verband ebenfalls die im Entwurf enthaltene Regelung, für den Zeitraum negativer Strompreise die Zahlung von Zuschlägen auszusetzen. „Dadurch werden Investitionen in KWK-Anlagen betriebswirtschaftlich unkalkulierbar. Hier muss der Gesetzgeber nachbessern, ansonsten wird insbesondere die Neuerrichtung von KWK-Anlagen eher behindert als gefördert“, ergänzt Mertz.
Bundesverband Solarwirtschaft sieht ebenfalls Blockaden
Weitere Problemstellungen durch den aktuellen Referentenentwurf ergeben sich für den Bundesverband Solarwirtschaft: „Die Nutzung von Gaskraftwerken sei zwar noch für einige Zeit notwendig und sinnvoll, gesetzt den Fall, diese werden besonders effizient betrieben. Die Förderung fossil erzeugter Fernwärme muss bei Neuinvestitionen aber auf die Heizperiode beschränkt werden“, meint Carsten Körnig. Andernfalls sieht der Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar die notwendige Umstellung der Fernwärmeversorgung auf Solarenergie blockiert, obwohl diese inzwischen wettbewerbsfähig und für den Erfolg der Energiewende dringend geboten sei. Der Appell wird u. a. von Wissenschaftlern des Fraunhofer-Instituts Bremen, des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, der Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg sowie der Uni Kassel getragen.
Die Energieexperten fordern deshalb vom Bundestag, den Gesetzesentwurf dahingehend zu überarbeiten, dass die Förderung von Strom aus neuen KWK-Anlagen nach einem Übergangszeitraum ab dem Jahr 2018 auf die Heizperiode konzentriert wird. Interessierten Kommunen und Stadtwerken könne man so den Einstieg in solare Fernwärme erleichtern. Den Betreibern fossil befeuerter KWK-Anlagen würde durch die Konzentration der Förderung auf die Heizperiode laut BSW-Solar kein wirtschaftlicher Nachteil entstehen.
Mietern droht Benachteiligung bei der Energiewende
Nicht nur Investoren, auch Mieter sind von den Änderungen betroffen. Laut Gesetzesentwurf wird der KWK-Zuschlag nur noch dann gewährt, wenn der erzeugte Strom in das öffentliche Stromnetz eingespeist wird. Bei Mieterstrom-Projekten ist genau das nicht der Fall: Der Betreiber der KWK-Anlage liefert den Strom zu günstigen Konditionen direkt über das Hausnetz an die Mieter. Nur noch kleine Anlagen bekommen eine Förderung für z. B. an Mieter gelieferten und vor Ort verbrauchten Strom. Diese Entwicklung bemängeln der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), der Verband für Wärmelieferung (VfW), der Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung (B.KWK) sowie weitere Organisationen. Ohne den KWK-Zuschlag stünden viele Mieterstromprojekte mit Kraft-Wärme-Kopplung vor dem Aus. Neue Projekte würden sich kaum noch rentieren. Zudem werden Mieter bereits bei der EEG-Umlage stärker zur Kasse gebeten – im Gegensatz zu Hausbesitzern, die auf vor Ort erzeugten Strom weniger Umlage zahlen.
Wie geht es weiter?
Ob und wie weit die jeweiligen Forderungen Früchte tragen, bleibt abzuwarten. Eine Beratung im Bundestag ist ab Ende Oktober zu erwarten. Ende November soll das KWKG dann bereits in zweiter und dritter Lesung im Bundestag verabschiedet werden. Allerdings scheint das Ziel, das neue KWK-Gesetz zum 1. Januar 2016 in Kraft treten zu lassen, laut BHKW-Infozentrum u. a. aufgrund der notwendigen beihilferechtlichen Genehmigung bei der EU-Kommission inzwischen gefährdet.
www.btga.de
www.solarwirtschaft.de
www.energiecontracting.de
www.bhkw-infozentrum.de
1) Der komplette Referenzentwurf steht unter folgendem Link kostenlos zur Verfügung: www.bhkw-infozentrum.de/download/kwkg-2016-referentenentwurf-bmwi-20150828.pdf