Herausforderung Denkmalschutz erfolgreich gestemmt Flächentemperiersystem sorgt in der Trinitatiskirche für substanzerhaltende Grundtemperatur
Mit viel Enthusiasmus engagieren sich im thüringischen Ruhla Stadtverwaltung und Bürger für die Rettung ihrer „Trinitatiskirche“. Wie ein Wahrzeichen thront der denkmalgeschützte Barockbau über der Stadt. Nach der Kernsanierung soll er als gemeindliches Multifunktionszentrum dienen. Die haustechnischen Grundlagen dafür sind unter anderem mit einem Flächentemperiersystem geschaffen worden. Das „ihv-ingenieurbüro greifendorf“ (Gotha) setzte es für eine sogenannte Sockeltemperierung ein. Die sichert über die flächige Grundwärme zuallererst den Erhalt der Bausubstanz ab. Im zweiten Schritt schafft sie eine für unbeheizte Kirchen ungewöhnlich angenehme Basis-Temperatur.
Bis 1682 geht die Historie von „St. Trinitatis“ zurück. An einem steilen Hang oberhalb der „Uhrenstadt Ruhla“ errichtet, drohte ihr jedoch rund 300 Jahre später eine der größten Gefahren, der ein denkmalgeschütztes Bauwerk ausgesetzt sein kann: Der Echte Hausschwamm hatte sich unter anderem im Dachgebälk eingenistet. Nur der engagierten Stadtverwaltung und einem genauso einsatzfreudigen Förderverein (Motto: „Schwamm raus – Kultur rein“) ist es zu verdanken, dass trotz knapper Finanzen die „Trinitatiskirche“ heute besser dasteht denn je.
Durch viel Kreativität und Einsatzbereitschaft des „Fördervereins St. Trinitatis e. V. zu Ruhla“ gelang es nicht nur, die Bausubstanz zu erhalten, sondern beispielsweise auch dieses Buntglasfenster neu wiederherstellen zu lassen.
Annähernd 3000 m Kunststoffrohr sind für die Flächentemperierung in der „Trinitatiskirche“ und dem Anbau verlegt worden.
Unterstützt von Bund und Land wurden in einem beispielhaften Kraftakt mehr als 1,5 Millionen Euro aufgebracht, um die Kirche grundlegend zu sanieren. In mittlerweile zehn Bauabschnitten sind so der Dachstuhl ausgewechselt und die Buntglasfenster restauriert oder komplett erneuert worden. Rechtzeitig vor Einbruch des kalten Thüringer Winters konnte das Erreichte jetzt auch bauphysikalisch abgesichert werden: mit der ersten Heizungsanlage in der 300-jährigen Geschichte der Kirche. Zum Einsatz kommt zum einen ein Flächentemperiersystem. Es gewährleistet eine durchgängige Grundtemperatur von 6 bis 8 °C. Damit bleibt beispielsweise das Kirchenschiff selbst bei strengen Außentemperaturen trotz Höhe und einfach verglaster Fenster trocken. Sollen in „St. Trinitatis“ Konzerte oder Ähnliches stattfinden, kommt zum anderen für das Aufheizen auf etwa 18 °C eine ergänzende Konvektorenheizung zum Einsatz.
Entwickelt hat dieses Konzept das Team von „ihv – ingenieurbüro greifendorf“, geführt von Dipl.-Ing. Daniela Wolf: „Die Flächentemperierung ist Ergebnis einer integralen Planung, in der wir uns immer wieder mit allen Beteiligten ausgetauscht haben. So war zum Beispiel die intermittierende Nutzung ein wesentlicher Einflussfaktor, da ein ständig wechselndes Aufheizen/Auskühlen die Bausubstanz erheblich belastet.“ Kaum weniger wichtig war darüber hinaus aber auch der möglichst sparsame Betrieb der Anlage, schließlich muss die „Trinitatiskirche“ weitestgehend aus Mitteln des Fördervereins unterhalten werden. Eine Sparsamkeit, die darüber hinaus selbstverständlich auch für die gesamte Investition in die Haustechnik galt und nach wie vor gilt.
Das in zahlreichen kleineren Schritten realisierte Projekt „Trinitatiskirche“ hat Dipl.-Ing. Rolf Greifendorf (r.), Viega-Verkaufsberater Andreas Möller und -Planerberater Gerald Hake sowie SHK-Fachhandwerker Roland Dittmar im Wortsinne zusammengebracht: Viele der besonderen Herausforderungen auf dieser Baustelle waren nur in enger Abstimmung zu lösen.
Intermittierende Nutzung problematisch
Das für die „Trinitatiskirche“ entwickelte Nutzungsprofil mit zeitlich begrenzter, punktueller Auslastung ist für ein solches Bauwerk unter heiztechnischen Gesichtspunkten mehr als problematisch:
• Entweder bleibt das Gebäude generell kalt und wird nur für den Nutzungszeitraum schnell und kraftvoll aufgeheizt – dann schlägt sich aber in erheblichem Maße Kondenswasser an den einfachen Buntglasfenstern nieder. Die Folge ist Feuchtigkeits- und Schimmelbildung, die auf Dauer zu Gebäudeschäden führt.
• Alternativ wird durchgängig geheizt, was allerdings nicht zuletzt wegen der Einfachverglasung mit horrenden Betriebskosten verbunden ist.
Die vom Ingenieurbüro Greifendorf gefundene Lösung aus Basistemperierung im Boden des Kirchenschiffes und des neuen Anbaus sowie der zusätzlichen Installation einer wassergeführten Konvektorenheizung erfüllt beide Zielsetzungen ohne die beschriebenen Nachteile: Mit einer Vorlauf-/Rücklauftemperatur von 35/30 °C wurde die „Trinitatiskirche“ über insgesamt 26 Heizkreise einmal auf eine Grundtemperatur von 6 bis 8 °C gebracht. Das trieb nicht nur die allgemeine Feuchtigkeit aus, sondern sorgte zudem für eine gewisse Erwärmung der fast einen Meter dicken Bruchsteinwände. Mit minimalem Energieeinsatz wird diese Raumtemperatur jetzt gehalten. Die massiven Außenwände puffern dabei wetterbedingte Temperaturschwankungen ab. Das unterstützt die gleichmäßige Temperaturhaltung genauso wie den Schutz der Gebäudesubstanz, denn über die Kombination aus Wandstärke und Grundtemperatur liegt der kritische Taupunkt zuverlässig so, dass kein Tauwasser an Bauteiloberflächen ausfällt.
Ist in dem Gebäude eine Veranstaltung geplant, wird einen Tag zuvor zusätzlich die Konvektorenheizung eingeschaltet. In Unterflurschächten umlaufend im Kirchenschiff installiert sorgt sie dank Gebläseunterstützung für eine langsame, außerdem gleichmäßige Anhebung der Raumtemperatur um 1 K pro Stunde auf etwa 18 °C. Kondensbildung wird damit ebenso fast vollständig verhindert wie unangenehme Luftverwirbelungen.
Der Systemverbund von Viega war ein wesentlicher Grund für die ebenso schnelle wie reibungslose Umsetzung der Sanitär- und Heizungsinstallationen in diesem außergewöhnlichen Bauwerk, sagt SHK-Handwerksmeister Roland Dittmar.
Sparsamer Betrieb
Die geringe Grundtemperatur, mit der das Flächentemperiersystem in der „Trinitatiskirche“ gefahren wird, lässt den die Wärme liefernden Gas-Brennwertkessel äußerst verbrauchsarm laufen. Dies gilt umso mehr, als die Therme bei einem rechnerischen Wärmebedarf von 70 kW Sockeltemperaturhaltung bei tiefsten Außentemperaturen für die Stoßaufheizung auf 18 °C mit 105 kW Leistung ausgelegt worden ist; sie nutzt also im Teillastbetrieb die Brennwerttechnik optimal. Umgekehrt steht bei Zuschaltung der Konvektorenheizung genug Leistung zur Verfügung, um den entsprechenden Heizwärmebedarf bedienen zu können, ohne die Anlage zu überlasten.
Trotzdem sind Dipl.-Ing. Greifendorf und SHK-Meister Roland Dittmar, der mit seinen Mitarbeitern die gesamte Installation vornahm, mit dieser Variante der Beheizung noch unzufrieden: „Eigentlich sollte neben der Gas-Brennwerttherme ein Mini-Blockheizkraftwerk installiert werden. Denn durch den permanenten Wärmebedarf bereits ab Außentemperaturen unter 7 °C ist der für die Effizienz solcher Anlagen wünschenswerte Dauerbetrieb gesichert. Den gleichzeitig erzeugten Strom könnte man zur weiteren Deckung der Betriebskosten nutzen und den verbleibenden Überschuss einspeisen.“
Zumindest vorläufig ist diese Variante aber an der kurzfristig durch BMU und BAFA gestrichenen Förderung von Mini-KWK-Anlagen gescheitert. Bei entsprechend veränderten Rahmenbedingungen soll sie jedoch auf jeden Fall wieder aufgegriffen werden.
Wirtschaftliche Installation
Genauso kosten- und qualitätsorientiert wie die Planung war in der „Trinitatiskirche“ die anschließende Umsetzung des TGA-Konzeptes durch SHK-Fachhandwerksmeister Roland Dittmar. Ähnlich dem integralen Planungsansatz betrachtete er die geforderte Installationstechnik ganzheitlich – und stellte sie damit aus dem Viega-Systemverbund zusammen: Im Zentrum stand dabei das System „Fonterra Tacker“ für die Flächentemperierung. In der Heizungsinstallation wurden zudem für die Hauptanschlussleitungen das verzinkte Stahlrohrsystem „Prestabo“ und für die Anbindeleitungen das formstabile Rohrleitungssystem „Raxofix“ eingesetzt. „Raxofix“ findet sich zudem bei allen Sanitärinstallationen; und selbst der Hausanschluss stammt mit „Geopress“ aus dem Viega-Systemverbund – obwohl der eigentlich völlig losgelöst vom Versorgungsunternehmen erstellt wurde...
Über die bekannten Argumente für einen abgestimmten Systemverbund hinaus waren es vor allem die Verarbeitungsvorteile des Flächentemperiersystems, die gerade auf dieser Baustelle überzeugten, so Dittmar: „Trotz der teilweise sehr niedrigen Temperaturen in der unbeheizten ,Trinitatiskirche‘ ließ sich das Polybutenrohr mit 20 mm Durchmesser von der Rolle verlegen und zum Beispiel auch in enge Radien biegen.“ Diese Flexibilität in der Verarbeitung wog dabei doppelt, denn so blieben die Wärme- und Trittschalldämmung aus Polysterolplatten zugleich plano auf dem Rohfußboden liegen und hoben sich nicht wie bei anderen Rohrmaterialien wieder an – nur um dann mit großem Aufwand neu gerichtet werden zu müssen. Wie groß dieser Verarbeitungsvorteil bei rund 2,9 km verlegtem „Fonterra“-Rohr einzuschätzen ist, versteht sich fast von selbst. Dittmar: „Hinzu kamen dann natürlich noch Aspekte wie ein Presswerkzeug für die verschiedenen Rohrsysteme, die SC-Contur der Verbinder für sichtbare Undichtheit bei versehentlich unverpressten Verbindungen oder alle Lieferungen aus einer Hand punktgenau auf die Baustelle, von denen die Installationsarbeiten zusätzlich profitierten.“ Und so beispielsweise unabhängig von der projektbezogenen Terminplanung auch schnell genug vorangetrieben werden konnten, um zum „Tag des Denkmals“ den vielen Besuchern eine zwar noch lange nicht fertiggestellte, immerhin aber schon warme „Trinitatiskirche“ vorstellen zu können.
Bilder: Viega
www.viega.de
www.ruhla.de