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„Heizungsgesetz“: BWP veröffentlicht Gutachten

Berlin. Der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) hat ein Gutachten veröffentlicht, das sich mit dem geplanten Ziel der CDU/CSU/SPD-Koalition, das „Heizungsgesetz“ abschaffen zu wollen, aus juristischer Sicht befasst. Das Ergebnis: Juristisch gesehen wird die angekündigte GEG-Änderung der Bundesregierung auf sehr wackeligen Beinen stehen und sie könnte von Gerichten schnell wieder einkassiert werden.

Das „Heizungsgesetz“ und seine von der Politik angekündigte Abschaffung. In einer für alle derzeit unbefriedigenden Situation hat der Bundesverband Wärmepumpe ein Rechtsgutachten vorgelegt. Es lässt zwar notwendiger Weise einige Fragen offen, doch es ist eine erste Ansage jenseits von Statements, Appellen und Mahnungen. Bild: Vaillant

Es steht viel auf dem Spiel. Die Absatzzahlen bei Wärmepumpen haben sich in diesem Jahr erholt. Der BWP rechnet für 2025 mit rund 280000 abgesetzten Wärmepumpen. Wenn diese Entwicklung sich 2026 fortsetzt, wären im kommenden Jahr 400000 Einheiten im Bereich des Möglichen, so der Verband. Bild: BWP

 

Das „Heizungsgesetz“ „umfasst“ eigentlich „nur“ den §71 des Gebäudeenergiegesetzes (GEG). In diesem geht es um die Verpflichtung von Gebäudeeigentümern, bei einem Heizungsanlagentausch eine neue Anlage einzubauen, die mindestens 65 Prozent der Wärme aus Erneuerbaren Energien gewinnt. Seit Einführung dieser Regelung mit der Novelle des GEG im Jahr 2023 ist der Paragraph umstritten. Seine Regelung ist von großer Tragweite – für die Heizungsindustrie und auch für die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG), die maßgeblich für den Wärmemarkt bzgl. Absatz und Installationszahlen von Heizungen ist.

Sehr heißes Eisen
Die neue Koalition aus CDU/CSU/SPD fasst deshalb aus Sicht der Heizungsbranche und auch der SHK-Betriebe ein sehr heißes Eisen an, wenn sie in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt hat, das „Heizungsgesetz“ „abschaffen“ zu wollen, und das GEG in diesem Punkt „technologieoffener“ zu gestalten. Bemerkenswert ist, dass hier zwischen den drei Parteien, die später eine Koalition bilden würden, im Vorfeld bereits eine gewisse Übereinstimmung bestand, wie man den Wahlprogrammen entnehmen konnte. Im Programm der SPD stand, dass sie vom Umstieg auf „klimafreundliche Technologien“ sprach und damit eigentlich offen ließ, was sie darunter alles versteht. Zu Erneuerbaren Energien bezog sich die SPD nur auf Windkraft und PV und damit auf Strom. CDU/CSU wollten das „Heizungsgesetz“ der Ampel zurücknehmen. Das Credo der beiden Parteien war und ist Technologieoffenheit.

Mehr als Blick in die Kugel geht derzeit nicht
Die „Abschaffung des Heizungsgesetzes“ – was konkret inhaltlich gemeint noch vollkommen offen steht – verlangt eine Novelle des GEG. Die Branche wartet dringend auf den ersten Referentenentwurf von Seiten der beiden beteiligten Ministerien Wirtschaft und Energie (BMWE) und des Bundesbauministeriums (BMWSB). Optimisten bringen Oktober ins Spiel. Es könnte aber auch schnell mal Anfang nächsten Jahres werden. Eine genaue Auskunft kann derzeit keiner geben. Aus dem BMWE heißt es dazu, man werde so bald wie möglich einen Gesetzentwurf für das GEG vorlegen.

BWP macht nun ersten Aufschlag
In dieser für alle sehr unbefriedigenden Situation hat der Bundesverband Wärmepumpe (BWP), nun einen ersten Aufschlag gemacht, der über das hinausgeht, was branchen- und verbändeseitig bisher in der Sache betrieben wurde, zu mahnen, Appelle an die Politik zu richten und Statements zu veröffentlichen. Der Verband hat nun ein Gutachten veröffentlicht, das sich mit dem geplanten Ziel, das „Heizungsgesetz“ abschaffen zu wollen, aus juristischer Sicht befasst. In Auftrag gegeben wurde es bei der Berliner Rechtsanwaltskanzlei re I Rechtsanwälte PartGmbB. Verfasserin des Rechtsgutachtens ist Dr. Miriam Vollmer, die auch eine der Partner in der Kanzlei ist. In ihrem 26-seitigen Gutachten, kommt sie zu dem Ergebnis, dass eine bloße Streichung des §71 gegen Europarecht und deutsches Verfassungsrecht verstoßen würde. Die Rücknahme würde laut Gutachten mit einer hohen Wahrscheinlichkeit von Gerichten korrigiert. Als Grundlage für ihre Schlussfolgerung bezieht sie sich dabei auf das Europäische Klimagesetz (EU-Klimagesetz VO 2021/1119), die Lastenteilungsverordnung (EULastenteilungsVO 2018/842, sie regelt die Emissionsminderungspflichten in den Sektoren Gebäude, Industrie und Verkehr), außerdem die Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie (EPBD) sowie die Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III). Auf der Ebene des Verfassungsrechts bezieht sie sich auf das Grundgesetz, dort insbesondere auf den Artikel 20a (Sicherung der Lebensgrundlagen für zukünftige Generationen) und Artikel 2 (Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit).

Argumentationsketten
Zwar stellt das Gutachten fest, dass keine EU-Regelung explizit eine 65%-Vorgabe enthalte, aber im Ergebnis eine Aufhebung ohne real gleichwertigen Ersatz nicht möglich wäre. Dieser, so argumentiert das Gutachten weiter, wäre aber zu erreichen nicht möglich in einem Kontext, wenn fossile Feuerungen wieder uneingeschränkt zugelassen würden. Auch die CO2-Bepreisung fossiler Brennstoffe sei kein adäquater Instrumente-Ersatz zur 65%-Regelung. Vollmer nimmt damit den Befürwortern einer solchen Steuerung über den Markt mit Hilfe von CO2-Preisen statt Ordnungsrecht gefühlt den Wind aus den Segeln, kann die Debatte darüber aber nicht entschärfen, weil vieles auf beiden Seiten notwendigerweise spekulativ ist, schlicht deshalb: Weil es tatsächlich keiner genau weiß.
Indes für die TGA und SHK-Betriebe könnte sich als wirklich bedenklich erweisen, weil möglicherweise sehr folgenreich, wenn man auf ein novelliertes GEG setzt, das anschließend gekippt werden könnte: „Das Risiko an der Sache: Der Bund könnte mit der Änderung vorm Bundesverfassungsgericht scheitern. Heizungen, die im Vertrauen auf die neu geschaffene Rechtslage eingebaut wurden, sind dann unter Umständen illegal. Eigentümer müssten umrüsten“, prognostiziert Vollmer.

Bewegen in der Grauzone
Zwischen „Streichung“ des Paragrafen und Modifikation in welcher Weise auch immer, liegt derzeit eine unbekannte Grauzone, die die zuständigen Ministerien auch erst mit dem Referentenentwurf aufhellen werden. Möglicherweise sickern erste Details auch schon früher durch. Das Gutachten setzt als Arbeitsthese „Streichung“ und notwendiger gleichwertiger Ersatz dann an. Die Aussage „Wir schaffen das Heizungsgesetz ab“ muss aber nicht zwangsläufig eine Streichung des §71 sein, sondern vielleicht auch „nur“ seine Modifikation. Ob auch die dann gerichtsfest sein wird, wird man sehen. Trotzdem.

Warnschuss an Regierung
Das nun vorgelegte Rechtsgutachten ist sicher ein erster echter Warnschuss für die amtierende Regierung, das Koalitions-Ziel „Wir schaffen das Heizungsgesetz ab“, nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Es ordnet diesen plakativen Satz in einen größeren Kontext ein, in dem dieser sich bewegt, und der ist gar nicht so einfach. Auf der anderen Seite wissen wir nicht, was im BMWE und BMWSB derzeit in der Mache ist, und auch dort sitzen neben Fachplanern auch Juristen. Möglicherweise wird diesen die Tragweite des politisch angekündigten Unterfangens gerade bewusst. Im TGA- und SHK-Alltag hilft das aktuell aber nicht viel. Im Grunde genommen gilt weiter das alte Lied: „Wir brauchen eine belastbare Planungssicherheit im GEG und in der Heizungsförderung“, fordert BWP-Geschäftsführer Dr. Martin Sabel. Das sagt nicht nur die Wärmepumpenbranche. Grundsätzliche Konstanz in aller Dynamik ist für alle wichtig.

Autor: Dittmar Koop

 


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