Gaswärmepumpen für Ein- und Zweifamilienhäuser Eine neue Heizgeräte-Familie stellt sich vor
Mit Erdgas betriebene Wärmepumpen weisen neue ökologische Wege zur Wärmeversorgung von Ein- und Zweifamilienhäusern. Wo liegen die Umweltvorteile der Geräte? Wie arbeiten sie? Und vor allem: In welchem Entwicklungsstadium befinden sie sich? Anhand eines derzeit laufenden Feldtests des niedersächsischen Energieversorgers EWE beantworten wir diese Fragen.
Die Eckdaten des seit 2009 laufenden EWE-Feldtests verraten schon einiges über den Stand der Dinge. Der für den Feldtest verantwortliche technische Projektleiter Tobias Broxtermann erläutert: „Derzeit werden im Rahmen der Initiative Gaswärmepumpe Produkte der Hersteller Robur, Viessmann, Vaillant und Buderus eingebaut. Die Anlagen stehen in Oldenburg, Friedeburg, Emstek, Wardenburg, Haselünne, Westoverledingen, Ovelgönne, Papenburg und Zossen. Der Feldtest wird voraussichtlich 2012 beendet. Alle Erfahrungen der Hersteller und Energieversorger fließen in die Weiterentwicklung. Dabei werden nicht nur die Anlagen der Hersteller beobachtet, sondern auch das Sekundärsystem des Kunden, um etwaige Auswirkungen auf die Jahresarbeitszahl analysieren zu können.“ Neben den Herstellern und EWE sind sieben weitere Energieversorger sowie speziell ausgebildete Handwerker in bundesweite Testreihen eingebunden. Die Feldtests konzentrieren sich auf Gaswärmepumpen im kleinen Leistungsbereich. Größere Anlagen haben sich in Objektbauten längst etabliert.
Bezieht man die Bereitstellungsverluste des Stroms in die Rechnung ein, liegen die Arbeitszahlen von Elektro- und Gaswärmepumpen in vergleichbaren Bereichen. Allerdings benötigt die Gas-Variante hierfür weniger Umweltwärme.Bild: IGWP
Das Know-how aller an den Tests Beteiligten bündelt die Initiative Gaswärmepumpe (IGWP). IGWP-Sprecher Hans Wackertapp: „Gasmotorische Wärmepumpen sind ja schon seit Jahren im Einsatz. Neu auf dem Markt sind kleinere Geräte für Ein- und Mehrfamilienhäuser. Die Zeit ist also reif für die Verbreitung von Gaswärmepumpen zum Einsatz in Neubauten und Bestandsgebäuden.“
Absorption oder Adsorption
Anlagen in höheren Leistungsbereichen verrichten meist in Gewerbe und Industrie ihre Arbeit. Solche gasmotorisch angetriebenen Wärmepumpen (sogenannte „Gasklimageräte“) können auch zur Klimatisierung und Kälteproduktion eingesetzt werden. Erdgas treibt dabei einen mechanischen Kompressor an – ein recht einfaches Verfahren, das mit der Funktionsweise einer Elektrowärmepumpe verglichen werden kann. Dieser Gerätetypus steht in Leistungsbereichen von 20 bis 1200 kW zur Verfügung und nutzt als Umweltwärmequelle Erde, Luft oder Wasser.
Ideale Einbaubedingen für die Zeolith-Gaswärmepumpe zeoTHERM im Rahmen des EWE-Feldtests: Ein Neubau mit Fußbodenheizung und damit niedrigen Systemtemperaturen sowie eine für die Installation der Solarthermieanlage geeignete Dachfläche von mindestens durchgängig 8 m². Bilder: EWE
Beim EWE-Feldtest werden Gas-Absorptions-Wärmepumpen von Robur eingesetzt. Bei diesem seit Anfang 2009 marktreifen Gerätetyp wird das verdampfte Kältemittel von einer Flüssigkeit absorbiert. Nach der Wärmezufuhr über einen Erdgasbrenner verdampft das Kältemittel und kondensiert anschließend im Verflüssiger, wobei nutzbare Wärme frei wird. Robur-Produktmanager Enrico Casali zu den Vorzügen der im Bereich von 20 bis 40 kW modulierend arbeitenden Anlagen: „Robur Wärmepumpenanlagen können sowohl an Niedertemperatursysteme wie Fußbodenheizungen wie auch an Fan-Coils oder traditionelle Heizkörper mit hohen Vorlauftemperaturen bis 70 °C angeschlossen werden. Sie lassen sich problemlos in bestehende Systeme integrieren.“
Gaswärmepumpen mit Leistungsbereichen im einstelligen Kilowatt-Bereich folgen nicht dem Prinzip der Absorption, sondern dem der Adsorption. Bei diesem Kreislaufprozess verdampft zunächst das Kältemittel Wasser unter Vakuum bei niedrigen Temperaturen mithilfe von Umweltwärme. Der Wasserdampf wird an der Oberfläche eines Feststoffes adsorbiert. Vaillant und Viessmann nutzen hierfür das keramische Material Zeolith, das bei der Aufnahme von Wasser Wärme abgibt. Diese Adsorptionswärme wird als Heizenergie genutzt. Nach der Adsorption beginnt – sobald das Zeolith gesättigt ist – die Desorption: Die Wärme eines Gasbrenners treibt das Wasser aus dem Zeolith. Es kondensiert und gibt dabei nochmals nutzbare Wärme ab. Da der gesamte Kreislauf unter Vakuum stattfindet, kann er ohne Abnutzung des Zeoliths beliebig oft wiederholt werden. Zeolith-Gaswärmepumpen nutzen als Umweltmedium entweder Solarwärme (Vaillant; seit April 2010 auf dem Markt) oder die Wärme aus Erdreich oder Luft (Viessmann; geplante Markteinführung Ende 2012).
Gaswärmepumpen im Alltagstest: Diesen Neubau versorgt eine Buderus-Anlage mit Heizwärme und Warmwasser.Bilder: EWE
Monovalent und kostengünstig
So unterschiedlich sich die Funktionsweisen von Gaswärmepumpen präsentieren, so klar liegen ihre ökologischen und betriebswirtschaftlichen Vorzüge auf der Hand. Die Kombination Erdgas plus Umweltwärme bringt eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes von 20 bis 30 % gegenüber der Erdgas-Brennwerttechnik. Auch der Vergleich mit einer Elektrowärmepumpe und der zu deren Betrieb nötigen Stromproduktion in Kraftwerken fällt eindeutig aus: Während bei der Primärenergie Erdgas fast 100 % in den Wärmepumpen-Prozess eingespeist werden, beträgt der Wirkungsgrad bei der Stromerzeugung gerade einmal 37 %.
Nicht ganz so eindeutig ist der Vergleich der Arbeitszahlen von Strom- und Gaswärmepumpen. Pro Kilowattstunde (kWh) Erdgas erzeugen Gaswärmepumpen 1,2 bis 1,6 kWh Wärme. Unterm Strich liegt der Primärenergieeinsatz einer Gaswärmepumpe damit nicht höher als der einer elektrisch betriebenen Wärmepumpe.
Stand Ende 2010 waren europaweit bereits über 5000 Robur-Gas-Absorptions-Wärmepumpen im Einsatz. Beim EWE-Feldtest geht es nicht zuletzt um die Anpassung der 20-kW-Anlagen an die Bedingungen in einem Einfamilienhaus.Bilder: EWE
Die Systembetrachtung spricht wiederum für die Gaswärmepumpe. Da sie bei gleicher Wärmeleistung weniger Umweltwärme benötigt, können Erdsonden über die Hälfte kürzer und damit deutlich kostengünstiger ausgeführt werden. Und bei Luft-Wärmepumpen ist der COP nicht in dem Maße von der Außentemperatur abhängig, wie dies beim elektrisch betriebenen Pendant der Fall ist.
Ebenfalls wichtig: Bedarfsspitzen werden bei Elektrowärmepumpen meist über einen Elektroheizstab abgedeckt – bei Gaswärmepumpen springt das integrierte Gas-Brennwertmodul umwelt- und kostenfreundlicher in die Bresche. Mit dieser monovalenten Betriebsweise ist ein konstanter Wärmekomfort garantiert. Nicht zuletzt können weitere regenerative Komponenten wie Solarwärme oder Bioerdgas die Ökobilanz verbessern.
Einfacher Zugang für das installierende Handwerk
Die bisherigen Feldtest-Erfahrungen bestätigen den Optimismus. Tobias Broxtermann, technischer EWE-Projektleiter: „Alles in allem erzielen wir gute Ergebnisse. Wenn Störungen im Betrieb beim Kunden auftreten, dann helfen sie weiter, um die neue Technik zu verbessern.“ Auch die Hersteller sind zufrieden. Dr. Rainer Lang, Entwicklungsleiter Wärmepumpen bei Vaillant, stellt ein gutes Jahr nach der Markteinführung der Zeolith-Wärmepumpe fest: „Die aus dem Feldtest und aus der Serie bekannten Anlagen funktionieren sicher und zuverlässig. Die Effizienz der Wärmepumpe entspricht in den kalten Wintermonaten etwa der eines Gas-Brennwertgerätes mit solarer Warmwasserbereitung und Heizungsunterstützung. Ihre große Stärke zeigt die Gaswärmepumpe in den Übergangszeiten, in denen sie deutlich effizienter als ein Brennwertgerät mit Solar arbeitet, da die Umweltwärme mit viel niedrigerem Temperaturniveau genutzt werden kann.“
Für das Fachhandwerk, da sind sich alle Hersteller einig, bieten Gaswärmepumpen eine große Chance. Dr. Lang betont in Bezug auf Zeolith-Wärmepumpen: „Da sich Installation und Wartung des Systems kaum von der eines Gas-Brennwertgerätes mit solarer Warmwasserbereitung unterscheiden, muss sich ein Installateur für diese neue Technologie gar nicht besonders umstellen und sieht sich vertrauten Komponenten wie Gas-Brennwertzelle oder Solarkollektoren gegenüber. Das Vakuum-Zeolith-Modul selbst ist über seine komplette Lebensdauer wartungsfrei.“ Robur-Sprecher Casali ergänzt: Korrekt geplant, unterscheiden sich Installation und Wartung nicht von normalen Heizkesseln.“
Sorptions-Gaswärmepumpen besitzen nur wenige mechanisch bewegte Teile. Das reduziert nicht nur den Wartungsaufwand, sondern auch den Geräuschpegel. Wichtig ist die korrekte hydraulische Einbindung und Regelung der Anlage sowie eine maßgeschneiderte Planung – ein Grundsatz, der bekanntermaßen für alle Arten von Wärmepumpen gilt. Selbstverständlich bieten die Hersteller Schulungen und Weiterbildungs-Trainings an.
Gaswärmepumpen sind durch ihre geringere Abhängigkeit von der Umweltwärmequelle flexibel hinsichtlich der Einbausituation vor Ort. Auch dies ist ein Argument, das viele Fachhandwerker erfreut, erleichtert es doch die Kundenberatung. Für Neubau und Sanierung stehen bereits heute oder in allernächster Zukunft praxiserprobte Lösungen zur Verfügung.
Gaswärmepumpe und EEWärmeG
Gaswärmepumpen erfüllen die Anforderungen des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes (EEWärmeG). Vorgeschrieben sind eine Mindest-Jahresarbeitszahl von 1,2 und die Abdeckung von mindestens 50 % des Wärmeenergiebedarfs. Seit 1. Mai 2011 fallen auch grundlegend renovierte öffentliche Gebäude unter das EEWärmeG. Kommt als regenerative Komponente eine Gaswärmepumpe zum Einsatz, muss der regenerative Anteil mindestens 15 % und die Jahresarbeitszahl mindestens 1,2 betragen. In diesem Fall ist auch der Einsatz von Bio-Erdgas anrechenbar – sofern der Wärmebedarf zu 25 % damit gedeckt wird. Die verschiedenen Maßnahmen sind auch kombinierbar, um die Anforderungen des Wärmegesetzes zu erfüllen.
Weitere Informationen
- Broschüren der Initiative Gaswärmepumpe (IGWP). Bestellung über IGWP, Postfach 211231, 04111 Leipzig; Tel. 01802/400004, Fax 01802/400005 (Festnetz 0,06 Euro/Min., aus Mobilfunknetzen max. 0,42 Euro/Min.); Download und weitere Infos unter www.igwp.de.
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