Erheblicher Auslegungsspielraum gegeben
Das Mysterium der geschuldeten Revisionsunterlagen und die Übertragung auf das „as built“-Modell in der BIM-Methode
Häufig wird im finalen Stadium des Werkvertragsverhältnisses, bei Abnahme und insbesondere auch der Abrechnung darüber gestritten, welche Revisionsunterlagen der Werkunternehmer dem Bauherren schuldet – und ob davon die Abnahme bzw. ein Zurückbehaltungsrecht abhängig gemacht werden kann.
Das Gesetz ist hier nicht eindeutig und meist wird eine eindeutige vertragliche Regelung hierzu nicht getroffen. Folglich ist ein erheblicher Auslegungsspielraum gegeben. Der Beitrag soll einen Überblick darüber verschaffen, welche Regelungsinhalte in die Verträge aufgenommen werden sollten, um solche Streitigkeiten zu vermeiden. Das, was zzt. die Revisionsunterlagen sind, wird immer mehr abgelöst werden durch das sogenannte „as built“-(wie gebaut)Modell bei Planungen mit der BIM-Methode. Denn das „as built“-Modell soll den Bestand abbilden, was eine Überprüfung der tatsächlichen Ausführung mit der Ausführungsplanung voraussetzt. Zugleich sollen in dem Modell die wesentlichen Parameter für Wartung, Instandhaltung etc. verankert werden, was später auch – etwa mit Augmented Reality-Technik verknüpft – den Schnellzugriff auf die Revisionspläne etc. für das Wartungs- und Instandsetzungspersonal gewährleisten soll. Der Beitrag enthält daher auch Überlegungen, wie die Rechtslage zu den Revisionsunterlagen auf das „as built“-Modell übertragen werden kann.
Gesetzliche Grundlagen
Das Bürgerliche Gesetzbuch enthält keine Ausführungen dazu, welche Unterlagen vom Werkunternehmer geschuldet sind, damit am Ende des Tages ein mangelfreies Werk entsteht. Auch mit dem neuen Bauvertragsrecht ändert sich dies nicht. Zwar findet sich im Verbraucherbauvertragsrecht nun folgende Reglung in § 650n BGB:
- „(1) Rechtzeitig vor Beginn der Ausführung einer geschuldeten Leistung hat der Unternehmer diejenigen Planungsunterlagen zu erstellen und dem Verbraucher herauszugeben, die dieser benötigt, um gegenüber Behörden den Nachweis führen zu können, dass die Leistung unter Einhaltung der einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften ausgeführt werden wird. Die Pflicht besteht nicht, soweit der Verbraucher oder ein von ihm Beauftragter die wesentlichen Planungsvorgaben erstellt.
- (2) Spätestens mit der Fertigstellung des Werks hat der Unternehmer diejenigen Unterlagen zu erstellen und dem Verbraucher herauszugeben, die dieser benötigt, um gegenüber Behörden den Nachweis führen zu können, dass die Leistung unter Einhaltung der einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften ausgeführt worden ist.“
Aus dem Wortlaut wird deutlich, dass von diesem § allenfalls ein Teil der Revisionsunterlagen erfasst ist, nämlich der, der zur Nachweisführung gegenüber Behörden etwa in Bezug auf Auflagen in der Baugenehmigung erforderlich ist. Es besteht deshalb nach der Regelung in § 650n BGB kein genereller Anspruch auf Herausgabe von Werkplänen, Bestandsplänen, Statikplänen, Revisionsunterlagen etc.1)
Anknüpfungspunkt könnte allenfalls die allgemeine Mangeldefinition sein. So sieht § 635 Abs. 3 BGB vor, dass, sollte nichts Bestimmtes im Vertrag geregelt sein, der Werkunternehmer das schuldet, was der Besteller üblicherweise erwarten darf, bzw. was zum bestimmungsgemäßen Gebrauch des Werkes erforderlich ist. Dies bildet deswegen einen Anknüpfungspunkt, weil die Revisionsunterlagen Betriebs und Wartungsanleitungen ebenso umfassen wie beispielsweise die Lage von Kabelkanälen oder Reinigungsöffnungen für RLT-Anlagen. Zum ordnungsgemäßen Gebrauch einer technischen Anlage gehört nämlich auch die Wartungsfähigkeit. Bei Lüftungskanälen oder Kabelkanälen gehört ebenso die Kenntnis der Revisionsklappen dazu.2)
Das Kammergericht stellte für den Fall, dass keine oder nur unbestimmte Regelungen im Vertrag vorhanden sind, fest, dass ein Herausgabeanspruch für Revisions- und Ausführungsunterlagen nur insoweit besteht, als sie einen Bezug zu schutzwürdigen Interessen des Bauherrn haben, etwa zur Überprüfung der Vertragsgerechtigkeit der erbrachten Leistungen oder zur Vorbereitung von Gewährleistungsansprüchen; dies sei etwa bei Bautagebüchern nicht gegeben, bei Bauproduktnachweisen könne dies schon anders sein.3)
Vertragliche Regelungen und VOB/B
Bekanntermaßen ist die VOB/B ein Werk von allgemeinen Vertragsbedingungen, die explizit in Verträge mit einzubeziehen sind. Es handelt sich also um Vertragsregelungen. Die VOB/B sieht zu den Revisionsunterlagen folgende Regelung vor: Nach § 1 Abs. 1 VOB/B gilt mit Vereinbarung der VOB/B auch die VOB/C mit den Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen zum Vertrag. Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – Allgemeine Technische Vertragsbedingungen (ATV) – sieht in mehreren ATV, wie z. B. etwa ATV 18379 (Lüftung) und ATV 18381 (Wasser- und Entwässerungsanlagen) die Erstellung von Revisionsunterlagen unabhängig von der Anlagengröße und -komplexität als Leistungssoll vor. Umfang und Detailtiefe werden aber nicht näher definiert. Dennoch kann in diesen Fällen bei fehlenden Revisionsunterlagen ein Mangel und Zurückbehaltungsrecht angenommen werden.4)
Der inhaltliche Umfang ist im Einzelfall für das jeweilige Bauvorhaben sowie den Zweck der Unterlagen zu bestimmen.5) Ist nichts weiter vereinbart, müssen die zu übergebenden Unterlagen ausreichend detailliert und nachvollziehbar sein und bedürfen keiner hohen Qualität; es genügt, wenn die Standorte z. B. der Rohrführung und die Lage der Heizkörper bei einer Begehung einfach nachzuvollziehen sind. Architektenunterlagen, auch wenn diese hilfreich sein mögen, sind grundsätzlich entbehrlich. Wenn ein Auftraggeber Feststellungen selbst treffen kann, wird vielfach ein Herausgabeanspruch von Unterlagen abgelehnt.6)
Sofern also der Auftraggeber bzw. der beratende Architekt sichergehen will, dass die Revisionsunterlagen unstreitig als geschuldetes Leistungssoll definiert werden, hat er darauf hinzuwirken, dass eine Definition, was die Revisionsunterlagen sind und in welchen Formaten sie abzugeben sind, vertraglich fixiert wird. Auch sollte festgehalten werden, zu welchem Zeitpunkt die Revisionsunterlagen zu übergeben sind.
Aufgrund der durchaus streitigen Ansicht, ob die Revisionsunterlagen zu einem mangelfreien Werk gehören oder nicht, sollte zugleich geregelt werden, dass etwa bei fehlenden Revisionsunterlagen 5 % der vereinbarten Werkleistung einbehalten werden dürfen. Dabei ist darauf zu achten, dass ein angemessener Betrag bzw. eine angemessene Prozentklausel zu wählen ist. Denn unstreitig ist die nachträgliche Erstellung der Revisionsunterlagen durch ein Drittunternehmen eine sehr zeit- und kostenaufwendige Angelegenheit. Im Nachhinein kann nicht zweifelsfrei festgestellt werden, wo welche Kanäle liegen. Nimmt man die Abbildung solcher Pläne ernst, würde dies durchaus Bauteilöffnungen bedeuten.
Gemeinhin wird davon ausgegangen, dass das Problem der Revisionsunterlagen ein gängiges Problem ist und jedem begleitenden TGA-Planer bekannt sein sollte. Es ist daher nicht auszuschließen, dass die Kosten für die ersatzweise Erstellung von Revisionsunterlagen im Rahmen eines Beratungsverschuldens beim jeweiligen beratenden Planer geltend gemacht werden. Ein solches hätte nach derzeitiger Rechtsprechung wohl auch Erfolg.
Übertragung der Revisionsunterlagenproblematik auf das „as built“-Modell
Das „as built“-Modell soll innerhalb einer BIM-Planung darstellen, wie der Bestand tatsächlich ausgeführt wurde und welche Abweichungen zur Ausführungsplanung bestehen. Darüber hinaus sollen die sonst in den Revisionsunterlagen enthaltenen Informationen in das Modell integriert werden, damit die optimale Schnittstelle für ein CAFM-System geschaffen wird. Evidenter ist es mangels gesetzlicher Regelung zu den Anforderungen eines „as built“-Modells zwingend erforderlich, die entsprechenden Anforderungen an ein solches vertraglich zu vereinbaren. Beratende Planer und Bauherrn müssen also genau überlegen, welche Informationen für den späteren Betrieb des Gebäudes wesentlich sind und somit als Teil des Leistungserfolges definiert werden.
Um ein „as built“-Modell nach den verschiedenen Bauteilschichten eindeutig erstellen zu können, muss zudem geregelt werden, dass die entsprechende Datenerfassung (z. B. durch 3D-Scanner) zu bestimmten Zeitpunkten in der Ausführung gemacht werden, da anderenfalls die unter Putz liegenden Verkabelungen etc. nicht mehr eindeutig nachvollzogen werden können. Es wird also nicht genügen, allein die Anforderungen an das „as built“-Modell dem jeweiligen Werkunternehmer zu übertragen. Vielmehr sind die entsprechenden Parameter auch in die Verträge des Objektüberwachers, BIM-Managers und -Planers aufzunehmen. Bei der Überwachung der Ausführung wird es maßgeblich darauf ankommen, die richtigen Zeitpunkte zur Zustandsfeststellung zu bestimmen. Bestenfalls werden die jeweiligen Scans kombiniert mit Aufmaßen für die unter Putz liegenden Verkabelungen etc. Damit dies vollumfänglich in ein für CAFM-Software optimales „as built“-Modell abgegeben wird, sollten sich Planer frühzeitig mit der Frage auseinandersetzen, in welchem Umfang und mit welchem Anbieter das umgesetzt werden soll. So können die wesentlichen Informationen als Leistungssoll in die Werkverträge übernommen werden.
Autor: Fachanwalt Dr. Till Kemper M.A.
Nachgefragt
IKZ-FACHPLANER: Es bleibt für TGA-Planer die grundsätzliche Anforderung, Revisionsunterlagen zur Verfügung zu stellen. Unklar ist lediglich die Informationstiefe. Stimmen Sie mir zu?
Dr. Till Kemper: Jein. Es ist eben genau zu prüfen, welche Revisionsunterlagen der Bauherr benötigt. Dann ist zu prüfen, welche Unterlagen vom ausführenden Unternehmen und welche vom Planer zu erstellen sind. In erstem Fall muss der Planer nur überwachen, dass das ausführende Unternehmen die geschuldeten Unterlagen rechtzeitig und mangelfrei übergibt.
IKZ-FACHPLANER: Bei regelkonformer Planung sollten die technischen Unterlagen doch zur Verfügung stehen. Warum also sollte sie der Bauherr nicht in Kopie zur Verfügung gestellt bekommen? Welche Gründe gibt es dafür in der Praxis?
Dr. Till Kemper: Häufig sehen wir erheblichen Streit darüber, was die Ausführungsplanung und was die Werk- und Montageplanung beinhalten muss. Das führt zur Frage, wer welche Unteralgen zu erbringen hat. Hinzu kommt, dass während der Ausführung die Planung eben nicht mit dem Bau-Ist abgeglichen wird. Auch bei Inbetriebnahmen werden – häufig, weil auch schon die Tätigkeit auf der nächsten Baustelle ansteht – nicht alle geschuldeten Unterlagen übergeben; dies wird noch durch Subunternehmerverhältnisse verkompliziert.
IKZ-FACHPLANER: Um solch unnötige Streitigkeiten im Vorfeld zu vermeiden, sind klare vertragliche Regelungen unumgänglich. Gibt es Vorschläge für rechtsichere Formulierungen – eventuell unterteilt in die groben Bereiche Planung, Wartung, Ausführung sowie Nachweis – oder halten Sie individuelle Formulierungen für angebracht? Und wie juristisch unangreifbar müssen diese verfasst sein?
Dr. Till Kemper: Eine absolute Sicherheit gibt es natürlich nicht. Hilfreich sind aber Check-Listen, die gemeinsam erarbeitet und zum Vertragsbestandteil gemacht werden. Es ist mit dem Bauherrn zu erarbeiten, welche Unterlagen er zu welchem Zweck braucht. Im zweiten Schritt ist festzulegen, wer für die Unterlagen zuständig ist. Im dritten Schritt ist festzulegen, zu welchem Zeitpunkt welche Unterlagen vorzulegen sind.
1) MPFormB, B. Vergütung, Abnahme, Mängel und Leistungsstörung beim Bauvertrag VI. Verbraucher-Bauvertrag 1. Überblick über die Neuregelung, beck-online
2) Vgl. OLG Brandenburg, Urt. v. 4. 7. 2012 − 13 U 63/08, NZBau 2012, 570; OLG Stuttgart, Beschluss vom 25. 01. 2010 - 10 U 119/09.
3) KG, Urteil vom 01. 03. 2018 - 27 U 40/17.
4) Ebd.
5) BGH, Urteil vom 14. 5. 2009 - III ZR 86/08, BGHZ181, 65.
6) Vgl. OLG Karlsruhe, NJW 1975, 694; OLG München, BauR 1992, 95