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EnEV 2014 im Detail – spürbare Kurskorrektur - Teilweise konträre Auswirkungen durch die EnEV-Novelle befürchtet

Es ist eine deutliche Kurskorrektur, die mit der neuen Energieeinsparverordnung (EnEV) 2014 künftig den Markt der technischen Gebäudeausrüstung beeinflussen wird. Gerade die Faktoren des Pflichtaustausches von Wärmeerzeugern im Bestand, die Veränderung der Primär-Energiefaktoren und die neuen Energieausweise sind drei der EnEV-Details, die gegenwärtig in der Branche diskutiert werden. Welche Hintergründe das hat und wie es den Markt künftig beeinflussen könnte, ist Thema das nachstehenden Beitrages.

Hocheffizienz-Technologien wie BHKWs können durch die EnEV-Novelle an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber strombetriebenen Wärmepumpen verlieren.

Mit Inkrafttreten der neuen EnEV sinkt der Primärenergiefaktor von Strom von 2,6 auf 2,4 und zum 1. Januar 2016 auf 1,8. Der wachsende Anteil von Bio-Erdgas findet demgegenüber keine Berücksichtigung bei den Primärenergiefaktoren.

Trotz weitreichender Einschränkungen bei der Austauschpflicht von mehr als 30 Jahre alten Heizkesseln verbleibt nach Einschätzungen von Herstellerseite ein Potenzial von rund 400000 Kesseln, die ausgetauscht werden müssen.

Energetische Kennwerte basierend auf der Endenergie spiegeln nicht die realen Energieverbrauchskosten wider und stehen teilweise im Widerspruch zu politischen Zielen. Zudem steht eine Klassifizierung basierend auf der Endenergie im Widerspruch zu bestehenden Förderprogrammen, die ihre Anforderungen am Primärenergiebedarf des Gebäudes ausrichten.

Elektrisch betriebene Wärmepumpen werden als Ergebnis der EnEV-Novelle ohne Verbesserungen ihrer Effizienz höher bewertet.

 

Die EnEV-Novelle 2014 hat es ohne Frage in sich. Anders als in den vorausgegangenen Ergänzungen stehen hier teils deutliche Änderungen an – wie beispielsweise die Verschärfungen der maximal zulässigen Transmissionswärmeverluste im Neubau oder die deutliche Änderung des bewerteten Primärenergiefaktors für Strom von 2,6 auf 1,8 zum 1. Januar 2016.

Keine Konsollidierung und Zusammenführung EnEV und EEWärmeG

Die erste EnEV trat 2002 in Kraft und lös­te seinerzeit die Wärmeschutzverordnung sowie die Heizungsanlagenverordnung ab und überführte beide Vorschriften in eine gemeinsame Basis. Im Fokus stand in jedem Fall das Ziel der Verringerung des Energiebedarfs von Gebäuden. In mehreren Novellen wurden die Rahmenbedingun-gen spürbar verschärft. Heute steht neben der EnEV darüber hinaus seit dem 1. Januar 2009 das Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetz (EEWärmeG).
Nach dem EEWärmeG müssen Bauherren einen bestimmten Anteil des Wärmebedarfs aus erneuerbaren Quellen decken. Die EnEV- und EEWärmeG-Vorgaben sind jedoch nicht aufeinander abgestimmt. So erfüllt ein nach den EnEV-Vorgaben geplantes Gebäude nicht unbedingt die Vorgaben des EEWärmeG. Die Chance, die EnEV und EEWärmeG Anforderungen in einem Instrument zusammenzufassen, um die hohe Anzahl an technischen und fachlichen energetischen Anforderungen an Gebäude zu reduzieren, wurde leider vergeben.
Generelle Verschärfungen für den Baubestand wurden mit der aktuellen EnEV-Novelle nicht erlassen. Die einzig relevante Änderung betrifft insbesondere die Austauschpflicht von Heizkesseln, die älter als 30 Jahre sind. Alle Wärmeerzeuger, die bis einschließlich 1984 in Betrieb genommen worden sind, müssen vor dem 1. Januar 2015 gegen neue Geräte ausgetauscht worden sein. Diese Austauschpflicht beinhaltet jedoch eine Vielzahl von Ausnahmeregelungen.

Differenzierung Standard- und Niedertemperaturkessel vor Ort kaum umsetzbar

Beispielsweise sind sowohl Brennwert- als auch Niedertemperatur-Wärmeerzeuger hiervon ausgenommen. Auch selbstgenutzte 1- und 2-Familienhäuser fallen nicht unter diese Verordnung, wenn sie am 1. Februar 2002 vom Eigentümer bewohnt wurden. „Trotz dieser weitreichenden Einschränkungen verbleibt nach unseren Einschätzungen ein Potenzial von rund 400000 Kesseln, die ausgetauscht werden müssen“, beschreibt Andreas Christmann, Leiter Produkt und Marketing bei Vaillant Deutschland, die praxisnahen Konsequenzen. „Gleichzeitig bewerten wir die Kontrolle in der Umsetzung der Austauschpflicht durch den bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger ohne den Einsatz von Hilfsmitteln eher problematisch. Denn aus unserer Sicht ist die Differenzierung zwischen einem Standard- und einem Niedertemperaturkessel vor Ort ohne entsprechende Unterstützung kaum durchführbar. Wir werden deswegen eine Auflistung aller betroffenen Geräte erstellen und eine Gesamtübersicht durch den BDH forcieren.“
Weitergehende Verschärfungen der EnEV für den Gebäudebestand sind nicht enthalten. Eher wurden bisherige Regelungen – z.B. für Erweiterungsgebäude – praxisnah angepasst, weil die bis jetzt bestehenden Vorschriften immer wieder zu einer Unwirtschaftlichkeit von Anbauten geführt hatten. „Wir begrüßen, dass hier verlässliche, sozialverträgliche und vor allen Dingen auch langfristige Rahmenbedingungen für den Gebäudebestand gelten. Dadurch wird das Wirtschaftlichkeitsgebot eingehalten“, beschreibt Christmann die Position des Remscheider Unternehmens. „Um die Energie-Einsparpotenziale insbesondere im Gebäudebestand auszuschöpfen, sollte die EnEV in jedem Fall durch Anreizsysteme für die Gebäudeeigentümer ergänzt werden.“ Mit drei Beispielen kristallisieren sich sowohl die Zielrichtungen der neuen EnEV-Novelle als auch ihre Schwächen heraus.

Neue Primärenergiefaktoren pushen Strom als Energieträger

Eine der relevanten Änderungen in der aktuellen EnEV-Novelle betrifft die Primärenergiefaktoren. Hier ist es insbesondere die Neubewertung von Strom als Energieträger in der Wärmeversorgung, die auffällig ist. Mit Inkrafttreten der neuen EnEV sinkt der Primärenergiefaktor für Strom von 2,6 auf 2,4. Ab dem 1. Januar 2016 reduziert er sich dann sogar auf 1,8. Die Begründung dafür erscheint zunächst plausibel: Der Anteil des aus Atom-Kraftwerken erzeugten Stroms geht kontinuierlich weiter zurück. Dieser hat einen vergleichsweise hohen Primärenergiefaktor im Vergleich zu erneuerbaren Energieträgern. Auch der Anteil des Stroms, der aus fossilen Energieträgern gewonnen wird, sinkt weiter. Durch den stetig steigenden Anteil von erneuerbaren Energieträgern in der Stromerzeugung setzt sich der Primärenergiefaktor für Strom dadurch anders zusammen.
Die Folgen dieser Entwicklung für die Einstufung von Technologien zur Wärmeerzeugung zeigen jedoch, dass hier nicht unbedingt die bestmögliche Effizienz in der Wärmeerzeugung zu den Gewinnern zählen wird. „Ohne jegliche Verbesserungen hinsichtlich ihrer Effizienz werden insbesondere elektrisch betriebene Wärmepumpen gegenüber den Technologien Solarthermie, Kraft-Wärme-Kopplung und Gas-Brennwerttechnik höher bewertet als dies derzeit der Fall ist“, erläutert Christmann die Folgen der einseitigen Anpassung des Primärenergiefaktors für Strom gegenüber dem Energieträger Erdgas.
„Im Endeffekt wird bei dieser Einstufung eine Prognose über den zukünftigen vermutlichen Anteil von Erneuerbaren Energien im Strommix für den öffentlich rechtlichen Nachweis und Energieberatungen herangezogen, ohne den verstärkten Einsatz von Erneuerbaren Energien bei anderen Energiearten zu berücksichtigen. Dadurch verlieren wesentliche Elemente wie die Kraft-Wärme-Kopplung sowohl aus gasbetriebenen Blockheiz-Kraftwerken als künftig auch aus Brennstoffzellen-Heizgeräten an Wettbewerbsfähigkeit – obwohl sie unbestritten höchste Effizienz bieten. Gerade die statische Bewertung des Energieträgers Gas spielt hier eine wesentliche Rolle in der künftigen Bewertung von unbestrittenen Hocheffizienz-Technologien wie der Kraft-Wärme-Kopplung – sei es im BHKW oder der Brennstoffzelle.“
Damit die Energiearten wieder eine faire Bewertung erhalten, besteht eine der zentralen Forderungen aus dem Markt darin, dass im Rahmen der nächsten EnEV-Novelle beispielsweise der steigende Anteil Erneuerbarer Energien im Erdgas über u.a. Bio-, Deponie- und Klärgas sowie künftig auch Gas aus der Power-to-Gas-Technologie berücksichtigt wird. Noch weitreichender werden die neuen Primärenergiefaktoren Beratungsbedarf beim Endkunden erforderlich machen und das Marktgeschehen beeinflussen.

Energie-Kennwerte für Effizienz-einstufung im klaren Widerspruch zum politischen Ziel Energiewende

Zweiter Punkt in der EnEV-Novelle soll für diesen Beitrag die Angabe von Energieeffizienz-Kennwerten in Immobilienanzeigen sein. Diese werden künftig auf einer Skala von A+ bis H Pflicht in Immobilienanzeigen. Weil in Deutschland zwei Arten von Energieausweisen erlaubt sind – der verbrauchs- und der bedarfsabhängige – muss die Ausweisart künftig angegeben werden. Statt des Primärenergie-Kennwertes wird dann auch der Endenergie-Kennwert in Verbindung mit dem maßgeblichen Energieträger in der Wärmeversorgung zur Pflichtangabe.
Die Absicht der Bundesregierung hinter diesen Änderungen ist klar: Es soll eine Maßangabe für die zu erwartenden Heizkos­ten geschaffen werden, die sich verbraucherfreundlich schnell ablesen lässt. Diese Regelung trifft allerdings nur auf Energiepässe zu, die nach dem Inkrafttreten dieser EnEV-Novelle ausgestellt werden. Die Quintessenz: Liegt bis zum 1. Mai  2014 bereits ein Energieausweis vor, muss die Energieeffizienzklasse des Gebäudes nicht in Immobilienanzeigen veröffentlicht werden.
„Die energetischen Kennwerte basierend auf der Endenergie spiegeln in keinem Fall die realen Energieverbrauchskos­ten wider. Deren Bewertung in Effizienzklassen steht teilweise sogar in krassem Widerspruch zu den politischen Ausbauzielen und dem klaren Willen der Bundesregierung zu einer Dezentralisierung der Stromversorgung durch die Kraft-Wärme-Kopplung“, formuliert Christmann dazu. „Damit hier künftig Fehlinterpretationen seitens der Verbraucher vermieden werden, ist eine verstärkte Aufklärung der Haus- und Wohnungseigentümer sowie aller Marktbeteiligten erforderlich. Darüber hinaus kann eine Klassifizierung der Effizienzklassen im Widerspruch zu bestehenden Förderprogrammen stehen, die ihre Anforderungen am Primärenergiebedarf des Gebäudes ausrichten. Ein Beispiel dafür sind die namhaften KfW-Energieeffizienzprogramme. Wie soll künftig dem privaten Haus- und Wohnungseigentümer vermittelt werden, dass durch die Einbindung Erneuerbarer Energien, wie z.B. einem Pellet-Heizkessel, in seine Wärmeversorgung sehr gute Ergebnisse auf der Seite des Jahres-Primärenergiebedarfs erzielt werden, sein Gebäude aber basierend auf dem End­energiebedarf in eine schlechte Gebäude-Effizienzklasse eingestuft wird? Der Endkunde ist ggf. mehr an einer Wertsteigerung seiner Immobilie durch eine bessere Energie-Effizienzklasse interessiert, als an einer tatsächlich nachhaltigen Wärmeversorgung auf der Basis erneuerbarer Energieträger, die aber zu einer schlechteren Einstufung in die Effizienzklasse führt. Den Zielen der Nachhaltigkeit und der Energiewende kann diese Regelung insofern kaum hilfreich sein.“

Dämmung als alleiniger Treiber der Energiewende?

Als dritter und letzter Punkt der EnEV-Novelle soll jetzt die Reduzierung des Jahres-Primärenergiebedarfs im Fokus stehen. Im Neubau wird mit einer 25%igen Verschärfung des Jahres-Primärenergiebedarfs ab dem 1. Januar 2016 ein angemessener und notwendiger Meilenstein auf dem Weg zum „Nearly Zero-Energy Building“ gesetzt. Waren zunächst zwei Stufen von je 12,5% geplant, setzt die jetzige Novelle auf einen deutlichen Schnitt zum Beginn des Jahres 2016. Erstmals gibt die EnEV hier eine Art „Schonfrist“ für Bauherren und Fachplaner, die sich jetzt mit den künftigen Anforderungen und ihren möglichen Lösungen beschäftigen können. „Aus Sicht das Marktes ist dies ein guter Kompromiss im Sinne des Klimaschutzes und der Energieeinsparung. Zwei einzelne Verschärfungen von je 12,5% in derartig kurzen Zeitabständen wären kontraproduktiv für eine kontinuierliche, langfristige Bauprojektplanung gerade bei Großprojekten gewesen“, erläutert Christmann dazu.
Gleichzeitig werden jedoch im Neubau die maximal zulässigen Transmissions-Wärmeverluste um rund 20% ebenfalls ab dem 1. Januar 2016 verringert. „In dieser drastischen Absenkung sehen wir eine wesentliche Einschränkung des eigentlich geforderten Ansatzes der Technologieoffenheit in der EnEV“, beschreibt Christmann die Auswirkungen. „Der Bauherr wird de facto dazu gezwungen, die erhöhten Energiestandards im Wesentlichen durch Dämmmaßnahmen mit entsprechend hohen Investitionen umsetzen zu müssen. Ein fairer Wettbewerb mit anlagentechnischen Maßnahmen durch den Einsatz einer hoch effizienten Wärmeerzeugung in Verbindung mit der Nutzung Erneuerbarer Energien wird hierdurch vollständig unterbunden.“

Fazit

Die Änderungen in der EnEV-Novelle werden eine teils spürbare Kurskorrektur zur Folge haben. Dies wurde anschaulich anhand von drei Beispielen erläutert. Bereits zum 1. Mai 2014 sind die ersten Änderungen in Kraft getreten. Nur sieben Monate später greift zum 1. Januar 2015 die Austauschpflicht für mehr als 30 Jahre alte Wärmeerzeuger. Ein Jahr später wiederum wird der neue, deutlich verringerte Primärenergiefaktor für Strom wirksam. Die Quintessenz daraus: Es steht nur wenig Zeit für eine gezielte Aufklärung und Beratung von Haus- und Wohnungseigentümern bzw. Bauherren zur Verfügung.
Die Auswirkungen der EnEV-Novelle könnten nachvollziehbar nicht durchgängig dem Ziel der bestmöglichen Verwendung zur Verfügung stehender Energie und der Reduzierung von Energieverlusten dienen, sondern teilweise sogar konträre Auswirkungen haben. Es bleibt abzuwarten, ob die ab 2016 spürbaren Auswirkungen zu weiteren Änderungen in der dann aktuellen EnEV-Novelle führen werden, die zu diesem Zeitpunkt wiederum den bereits heute vorliegenden, plausiblen Erläuterungen aus dem Markt Rechnung tragen.

Bilder: Vaillant

 


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