Energiespeicher im Jahr 2030
Welche Rolle spielen funktionale Speicher im Energiesystem der Zukunft? Mit welcher Systeminfrastruktur lässt sich im Jahr 2030 eine zuverlässige Energieversorgung wirtschaftlich sicherstellen? Und welche Maßnahmen muss die Politik treffen, damit sich diese Systeminfrastruktur am Markt durchsetzt? Diesen Fragen gingen Wissenschaftler der Forschungsstelle für Energiewirtschaft innerhalb einer Studie (FfE) auf den Grund. Jetzt liegen die Ergebnisse vor.
Die Energiewende erfordert eine rasche Anpassung des historisch gewachsenen Energienetzes an die dezentrale Einspeisung aus erneuerbaren Energiequellen. Neben dem Netzausbau werden funktionale Energiespeicher eine tragende Rolle spielen. Innerhalb der Studie „Merit Order der Energiespeicher im Jahr 2030“ untersuchten die Wissenschaftler daher den Zusammenhang zwischen sinnvollem Einsatz verschiedener funktionaler Speicher und deren Kosten. Unter funktionalen Energiespeichern verstehen Forscher alle gezielten Veränderungen sowohl beim Stromverbrauch als auch bei der unflexiblen Stromerzeugung, die der Anpassung von Nachfrage und Erzeugung dienen. Der Begriff umfasst beispielsweise auch die Lastflexibilisierung in Industrie, Gewerbe und Haushalten, Elektromobilität oder die Speicherung von Wärme.
Dafür bewerteten die Wissenschaftler Speichertechnologien wirtschaftlich und stellten sie einander gegenüber. So erstellten sie ein Technologieranking unter Berücksichtigung der Einsatzoptionen aus volks- und betriebswirtschaftlicher Sicht. Diese Gegenüberstellung wird als Merit-Order-Matrix bezeichnet. Christoph Pellinger, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE): „Das Projekt ist eines der ersten seiner Art: Wir betrachten sowohl die Systemperspektive als auch die betriebswirtschaftliche Seite und bilden beide konsistent in einem Modell ab.“ Die Ergebnisse der Studie sind vor allem für die strategische Planung von Unternehmen und politischen Entscheidungsträgern wichtig.
Das Forscherteam untersuchte dazu Kraft-Wärme-Kopplung mit Wärmespeicher und Nachheizung (Power-to-heat), Lastflexibilisierung in der Industrie und Privathaushalten – etwa Nachspeicher und Wärmepumpen –, das Lademanagement von Elektrofahrzeugen, Regelungsstrategien für Laufwasserkraft und Pumpspeicher sowie die saisonale Speicherung durch Elektrolyse und Methanisierung (Power-to-gas). In einer Metastudie wurde zudem das Potenzial weiterer Speichertechnologien wie Batterien oder Druckluftspeicher erfasst. Die Forscher arbeiteten mit einer innovativen Methode: Sie legten mehrere Kriterien an, um ein Ranking zu erstellen und kombinierten es mit einer regional und zeitlich hochauflösenden Systemmodellierung.
Marktfortschritt für die Erneuerbaren
Die Forscher errechneten zudem, dass der Einfluss von neuen Windenergieanlagen zu deutlich höheren Umlagen des Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) führen wird. So erreichen beispielsweise Windenergieanlagen in Schwachwindgebieten 3.000 Volllaststunden, statt der bisher angenommenen 2.000. Zusammen mit dem Ausbau nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz 2014 und Repowering bestehender Anlagen könnte der Anteil der Erneuerbaren am Bruttostromverbrauch bereits 2025 bei 60 Prozent und 2035 bei bis zu 85 Prozent liegen.
Rahmenbedingungen müssen angepasst werden
Eine weitere zentrale Erkenntnis der Studie: Die Lastflexibilisierung in der Industrie kann aus volkswirtschaftlicher Sicht einen großen Beitrag leisten. Doch damit dieses Potenzial auch genutzt werden könne, müsse die Politik die Rahmenbedingungen anpassen. „Um Power-to-heat systemdienlich einsetzen zu können, darf es nicht mit Steuern und Abgaben belastet sein. Die aktuellen Regelungen passen also noch nicht zum Speichersystem“, sagt Pellinger.
Das Forschungsprojekt wurde innerhalb der Forschungsinitiative Energiespeicher vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie über drei Jahre gefördert. Die komplette Studie soll im Sommer veröffentlicht werden.
Weitere Details zum Projekt gibt es in der Projektvisitenkarte auf dem Webportal forschung-energiespeicher.info der Förderinitiative Energiespeicher. Darüber hinaus spricht Professor Dr. Ulrich Wagner von der Forschungsstelle für Energiewirtschaft im Interview über die Merit-Order-Studie und die Zukunft von Energiespeichern.