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Effiziente Wohnraumtemperierung und zukunftsorientierte Wohnwärmegestaltung - Wie viel Heizung braucht ein Raum?

Die Beachtung der zu beheizende Wohnfläche allein genügt nicht, um eine effiziente Wohnraumtemperierung zu schaffen. Die Ausrichtung, Baumaterialien, transparente Flächen und nicht zuletzt das Nutzerprofil sind Ansätze und Potenziale einer zukunftsorientierten Wohnwärmegestaltung.

Kurvendiagramm der Messwerte über das Auskühlverhalten eines Kinderzimmers.

Erste Lehmputzlage auf einer Wandflächenheizung.

 

Für die Ermittlung des Heizwärmebedarfs ist der U-Wert der thermischen Hülle zwar eine zentrale, mitnichten aber eine statische Größe, da beispielsweise die spezifischen Wärmespeicherkapazitäten sowie die Phasenverschiebung diverser Aufbauten besonders in der thermischen Hülle der verwendeten Baumaterialien hier keine Berücksichtigung finden. Vielmehr verlangt eine effiziente Wohnraumtemperierung mit Komfort dynamische Regelstrategien. Denn insbesondere die verwendeten Baumaterialien und Details der Baukonstruktion zeigen, dass die thermische Selbstregulierung von Wohnräumen keine blanke Theorie ist. Besonders in Bestandsgebäuden gilt es, die Potenziale der Baukonstruktion zu prüfen und zu nutzen.
Ergo stellt sich die Frage: Welche Regelstrategien hat die Heizungstechnik noch zu bieten, als die bloße witterungsgeführte Heizungsregelung und: Ist diese noch zeitgemäß?

Individuelle Wahrnehmung

Auch wenn heute bereits Wetterprognosen-gesteuerte Regelungen Erwähnung finden, ist es doch die alt hergebrachte Außentemperaturregelung, die weit verbreitet, selbst in modernen Wohngebäuden, Anwendung findet. Selbst bei einer Wetterprognose steht die Außenlufttemperatur (die sicherlich einen zentralen Stellenwert besitzt) im Mittelpunkt. Andere physikalische Größen, wie Luftdruck, Feuchtegehalt der Außenluft usw., die für das Innenraumklima ebenso wichtig sind wie für das äußere Klima, werden oft nur am Rande beachtet.
Ebenso gilt es zu berücksichtigen, dass in der sogenannten Übergangszeit die individuelle Wahrnehmung der Bewohner im Herbst eine andere ist als im Frühling und sich somit sehr unterschiedliche Anforderungen an den Wohnwärmekomfort ergeben. Mit der bloßen Außentemperatur allein ist weder Effizienz noch Wärmekomfort zu realisieren, sondern lediglich im Zusammenhang mit der Heizgrenztemperatur ein entsprechendes Signal für die Bereitstellungstechnik der Wohnwärmeversorgung bereitzustellen.

Leistungsbestimmung der Wärmeübertragung

Die klassische Leistungsbestimmung von Heizflächen (womit in der Regel Heizkörper gemeint sind) erfolgt aus einer Ansammlung von zusätzlichen Lasten, die bei Lichte zu betrachten sind. Der Netto-Heizlast, die der Summe aus Transmissionswärme- und Lüftungswärmeverlusten entspricht, wird nach DIN EN 12 831 eine Wiederaufheizleistung aufsummiert, die gerne mal 20% von der Grund-Heizlast ausmacht. Das ergibt dann die sogenannte Norm-Heizlast. Der Hitzekanonen aber nicht genug, gibt es immer noch den dritten Teil der in das Bewusstsein vieler Planer eingemeißelten DIN 4701, die da verlangt: bei der Auslegung der Heizflächen auf die Normheizlast nochmals 15% aufzuschlagen. Auf diese Weise ergibt sich sehr schnell aus einer Netto-Heizlast von beispielsweise 723 W eine Normheizlast von 871 W (inkl. 148 W Zusatz-Aufheizleistung) und daraus resultiert dann freilich tatsächlich ein Einzelraumwärmebedarf von etwa 1000 W inkl. Auslegungszuschlag und markiert in der Summe einen Grund für die Überdimensionierung von Heizkesseln in Bestandsgebäuden.
Da mag man sich fragen, wozu überhaupt diese Rechnerei, wenn wir ohnehin mit diversen Zuschlägen arbeiten. Zweifellos eine berechtigte Frage, nicht erst beim Blick auf die schwer nachvollziehbar tabellarisierte „Findung“ der Wiederaufheizfaktoren fRH, die zwar die Gebäudemasse in leicht, mittel und schwer unterteilen, aber in keiner Weise die tatsächlichen Materialien mit ihren spezifischen Wärmespeicherkapazitäten etc. und schon gar nicht passive Solarnutzung, interne Gewinne etc. berücksichtigen, geschweige denn sie in der regelungstechnischen Praxis zulassen. Dennoch: Berechnungen tun Not, sind aber beileibe nicht das einzige Mittel.
Eine Überwindung dieser reflexhaften Angewohnheiten würde sich auch in einer neuen Terminologie zu erkennen geben, wenn eben nicht mehr von „eingeschränkter Beheizung“, sondern vielmehr von „notwendiger Nacherwärmung“ gesprochen würde. Denn fürwahr ist ein Raum entsprechend seiner spezifischen Eigenschaften und Anordnung der transparenten Flächen innerhalb der Außenwände sehr wohl in der Lage, seine Innentemperaturen in einem hohen Maße auf sanfte Weise selbst zu regulieren. Natürlich im Tandem mit Baumaterialien und eben auch den anderen physikalischen Größen, abgesehen von den Temperaturen.

Anforderungen an die Wiederaufheizlasten

Was der Wiederaufheizfaktor fRH des Weiteren schlicht ignoriert, ist die Art der Wärmeübertragung. Bei einer entsprechend großen Wandflächenheizung beispielsweise, benötigt man eine ungleich geringere Wiederaufheizleistung als bei den üblichen Heizkörpern, in der Regel Konvektions-Platten-Heizkörper, die noch kräftig Staub aufwirbeln und die Luftschichtung durcheinander bringen. Dies bringt wiederum auch Auswirkungen auf die Raumluftfeuchte und die Temperaturdifferenzen durch überhitzte Bereiche einerseits und kalte Bereiche andererseits mit sich. Aber auch diese Defizite wurden im Bestand am Thermostatventil auf Anschlag kompensiert und gegen „Heizkörperluft“ nicht selten noch das Fenster geöffnet. Aus diesem Grund leben die Menschen oft in viel zu warmen Räumen, da eine normale Raumlufttemperatur in den meisten Bestandsgebäuden aufgrund von Undichtigkeiten, Wärmebrücken usw. kaum möglich ist, ohne dass es zieht wie Hechtsuppe.

Erkenntnisse durch Langzeitmessverfahren

Durch langjährige Untersuchungen und Vergleiche hinsichtlich der baukonstruktiven Details und vor allem der verwendeten Baumaterialien hinsichtlich der Wohnraumtemperierung, sowohl bezüglich der thermischen Hülle als auch der internen Massen und Oberflächen, konnte das Forum Wohnenergie praxisorientierte Erfahrungswerte generieren. Im Zentrum der Regelstrategie sollte eine definierte Raumlufttemperatur für die entsprechenden Wohnbereiche festgelegt werden. Die Bereitstellung ist natürlich auch in Abhängigkeit von Zeitkonstanten zu realisieren, um etwaige Selbstregulierungsprozesse ermöglichen zu können.
Das in Bild 2 dargestellte Beispiel zeigt das Auskühlverhalten eines Wohnraumes (Kinderzimmer) in einem schweren Gebäude (entsprechend der Gebäudemasse nach DIN und n = 0,5 h-1) nach dem Abstellen der Wandflächenheizung bei
einer Raumlufttemperatur von 19°C und einer Außentemperatur von 0°C bis – 2°C. In diesem Wohnraum, welcher im Rahmen der Gebäudesanierung innen vollflächig mit Lehm verputzt wurde und einen eher schlechten U-Wert von 0,8 aufweist, wurden neue Holz-Alu-Fenster mit einem Ug-Wert von 0,87 fachgerecht eingebaut und sind 1,2 m² nach Süden und 1,8 m² nach Westen ausgerichtet. Die Wandheizungsflächen befinden sich vollflächig an den Außenwänden auf einer Schilfrohrmatte, die als Innendämmung und Putzhaftgrund für insgesamt 30 mm Lehmputz an den beiden Außenwänden fungiert. Die beiden Innenwände sind mit Lehm-Feinputz und einer Materialdicke von 3-4 mm gestaltet.
In mehr als 16 Stunden kühlt dieser Raum lediglich um knapp 4 K auf eine Temperatur von 15,2°C aus. Ab 14.00 Uhr beginnt eine Erwärmung des Wohnraums analog zur Lichteinstrahlung durch das Westfenster, trotz Bewölkung und hoher Außenluftfeuchte. Über den Nachmittag steigt die Temperatur auf annähernd 17°C durch Sonneneinstrahlung durch das West-Fenster analog zur Feuchte, als Nachwirkung der Lichteinstrahlung. Innerhalb von etwa zwei Stunden vermag die Lichteinstrahlung mit einer Spitzenintensität von gerade mal über 200 Lux die Raumlufttemperatur um etwa 1 K anzuheben, wofür die Norm 11 W pro m² bei diesem schweren Gebäude (mit einer Fläche des untersuchten Raumes von 18 m²) verlangt. Das entspricht etwa einer zuzuführenden Wärmeleistung von 400 W und daraus resultierend eine Energiemenge von etwa 0,4 kWh. Zu beachten gilt ferner, dass die Temperaturkurve immer noch steigt, obgleich die Lichteinstrahlung am späten Nachmittag merklich zurückgeht.
Die Wandflächenheizung zeigt in dieser Situation ihre volle Effizienz, da ihre hohe Regelgüte eine sehr kurzfristige Erwärmung der Raumluft ermöglicht und sofort spürbar ist auf ganzer Fläche. Definitiv am späten Nachmittag, wenn es schattig wird und die Außentemperatur sich dauerhaft unter 0°C einpendelt, benötigt der Raum eine Nacherwärmung, die aber spätestens zur Bettgehzeit abgestellt wird.

Fazit

Die Feuchtesorptionsfähigkeit von Lehm ist hinlänglich bekannt, und es ist nachgewiesen, dass Lehmwände ab einer Putzdicke von >3 mm den Feuchtehaushalt von normalen Wohnräumen, aber durchaus auch von Duschbädern und Badezimmern, regulieren – und das ganz ohne Technik. Umso weniger verwunderlich ist, dass Lehm nicht nur Luftfeuchtigkeit zu regulieren vermag, sondern wohl auch Wärme, was weiterhin untersucht wird.
Das Forum Wohnenergie hat bereits damit begonnen, in einer umfassenden Versuchsreihe dieser Fragestellung auf die Spur zu kommen und hat damit begonnen, detaillierte Untersuchungen mittels messtechnischer Diagnostik und Auswertung der thermischen und raumluftqualitativen Verhaltensweisen von Wohnräumen mit und ohne interne Belastungen, so wie Räume mit hochwertigen wohngesunden Baumaterialien und minderwertigen Standardprodukten der Massenindustrie, zu untersuchen und auszuwerten.
Konkretere Ergebnisse sind für das Frühjahr 2010 zu erwarten. Die Ergebnisse sollen zielorientierte Regelstrategien zu einer sanften Wohnraumtemperierung mit einem Minimum an technischem Aufwand und primärenergetischen Bedarf führen und praxisorientierte Handlungsfelder aufzeigen.

Autor:
IKZ-ENERGY Autor Frank Hartmann ist Geschäftsführer des Forums Wohnenergie.
97509 Zeilitzheim, Tel. 09381 716831, Fax 09381 716330, hartmann@forum-wohnenergie.de, www.forum-wohnenergie.de

Bilder: Forum Wohnenergie

 


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