Dezentrale Solarstrom-Speicherung als Baustein der Energiewende - Solarkraftwerk im Schlosspark Meggenhorn zeigt technische Machbarkeit auf
Die Speicherung überschüssigen Solar-Stromes zählt zu den bisher ungelösten Problemfeldern der Energiewende. Die neuen, komplexen Anforderungen, die die verstärkte Einspeisung von Strom aus lokalen, dezentralen Solaranlagen an die Verteilnetze stellt, bereiten Stromversorgern und Netzbetreibern Kopfschmerzen. Die Lösung des Problems, diese stark schwankenden Solarstrommengen ins Verteilnetz zu integrieren und alle Stromkunden zuverlässig zu versorgen, liegt jetzt bei den einzelnen Stromversorgern. Eine mögliche Antwort liefert das Pilotprojekt der Centralschweizerischen Kraftwerke AG, kurz CKW, im Kanton Luzern.
CKW ermittelt in einem aktuellen Pilotprojekt die Stärken und Schwächen dezentraler Stromspeicher. Im Zentrum steht die Frage, in welchem Umfang diese Batterien notwendige Netzverstärkungen im Verteilnetz ersetzen bzw. die bestehende Netz-infrastruktur schneller und flexibler erweitern können. CKW investiert bis Herbst 2014 mehr als 1,2 Mio. Euro in das Pilotprojekt und verspricht sich einen innovativen Weg zur Handhabung des volatilen Solarstroms. „Die Stromproduktion aus EE zu fördern und gleichzeitig die Stromversorgung wirtschaftlich sicherzustellen, ist unsere Kernaufgabe. Wir möchten uns mit dem Pilotprojekt auf die Herausforderungen der Energiewende vorbereiten und diese auf innovative Weise angehen“, erklärt Hanspeter Amrein, Leiter Asset Management bei CKW.
Dezentrale Solarstromspeicherung
Das Pilotprojekt selbst bietet nicht nur technische Highlights, auch der Umsetzungsort ist ungewöhnlich. Keine weiten Felder, abgelegene Gewerbegebiete oder unattraktive Konversionsflächen – der beliebte Schlosspark Meggenhorn, im Schweizer Kanton Luzern, wurde als Realisierungsort gewählt. Bürgernah und zentral gelegen. Das gesamte Areal ist ein Erlebnispark, vor allem von Familien besucht: ein begehbarer Stall mit Kühen, Schweinen, Ziegen und Kaninchen, eingefasst von einem riesigen Spielplatz mit traumhaftem Ausblick in die Schweizer Bergwelt. Bis vor zehn Jahren floss noch Milch vom Meggenhorn. Seither hat sich der Betrieb stark verändert. Es stehen zwar noch Galloway-Rinder für die Kälberaufzucht auf der Weide, aber nun ist „Meggenhorn“ auch ein Begriff in der solaren Stromwirtschaft.
Die Kombination von Produktion, Speicherung und Versorgungssicherheit wird mit einer Pilot-Anlage im Maßstab 1 : 1 geprüft. Eine einzigartige Energieproduk-tionsstätte der Schweiz und ein Pilotprojekt zur Energiewende.
Die Scheune beim Schloss Meggenhorn ist durch ihre Lage, Fläche und Bausubstanz für ein Sonnenkraftwerk prädestiniert. So wurde nach einer Lösung gesucht, um die denkmalgeschützte Optik des Megger Wahrzeichens trotz Photovoltaik nicht zu stören – mit Erfolg. Im September diesen Jahres hat die Gemeinde Meggen eine 560 m2 große Solaranlage auf dem Scheunendach in Betrieb genommen. 436 spezielle, rückseitenkontaktierte Hochleistungsmodule bieten ein homogenes Erscheinungsbild und fügen sich optimal in die Dachfläche ein. Die produzierte Energie leistet etwa 100 kWp und liefert jährlich rund 90000 kWh Strom – der durchschnittliche Jahresbedarf von 20 Haushalten.
Das Problem: Da die Sonne nicht plan- und steuerbar Strom produziert, ist die hundertprozentige Nutzung dieser Energie schwierig, da die Produktion beispielsweise über die Mittagszeit höher ist, als der lokale Strombedarf in diesem Zeitraum. Zusammen mit der Energieversorgerin CKW wurde nach einer Lösung gesucht.
Die Antwort: ein dezentraler Stromspeicher. Der Strom, der mit dem neuen Kraftwerk produziert wird, wird am gleichen Ort verbraucht, wo er entsteht. Ein intelligentes Energiemanagement-System überwacht stets, wie viel Strom produziert und verbraucht wird. Ist die Energieproduktion bspw. über den Mittag höher als der lokale Strombedarf, speichert die dezentrale Batterieanlage den überschüssigen Solarstrom. Diese Energie wird dann in das öffentliche Stromnetz eingespeist, wenn es dieses nicht überlastet. Ein Modell, das als Lösung für ein zukünftiges Smart Grid gehandelt wird.
Auch beim Speicher selbst wurde auf technische Innovation Wert gelegt. Die Ampard AG und die Speicherexperten der ENPLA GmbH entwickelten im Auftrag von CKW eine moderne Stromspeicherlösung, exakt auf die Anforderungen des Projektes zugeschnitten: das sogenannte „E-SpeicherWerk“ aus Deutschland. Die Eckvorgaben von CKW enthielten eine umfassende Anforderungsliste in Bezug auf Technik und Optik.
So ist der Speicher mit 55 kw/115 kWh und 400 V/50 Hz über eine intelligente Steuerungsanbindung direkt mit dem virtuellen Kraftwerk „Ampard“ verbunden. Das Batteriemanagementsystem (BMS) wurde als aktives BMS realisiert und kommuniziert mit allen Einheiten der Leistungselektronik und Steuerung im System. Es hält die Zellen in einem stabilen und gleich bleibenden Ladezustand und balanciert die Energie durch Umladung aus. Energie geht nicht verloren, und gleichzeitig wird ein hoher Systemwirkungsgrad realisiert.
„Das ‚E-SpeicherWerk‘ in Meggenhorn zeigt unsere Möglichkeiten, nicht nur in Bezug auf das innovative und äußerst leistungsfähige Batteriemanagementsystem, sondern auch auf Sonderanfertigungen in Farbe und Optik“, kommentiert Marco Schmidt, der Speicher-Spezialist der ENPLA GmbH. So wurden die Schränke des „E-SpeicherWerks“ mit dem Maßen 2100 mm (H) x 2600 mm (B) x 600 mm (T) im gleichen Erscheinungsbild wie die Wechselrichter der PV-Anlage und Hausanschlussschränke gestaltet – in einem leuchtenden Melonengelb. Glasscheiben in den Türen bieten den Besuchern einen freien Einblick in das System. Der ungewöhnliche Standort musste zudem mit einem eigenen Klimatisierungssystem versehen sowie das Be- und Entlüftungskonzept des Speichers neu konzipiert werden.
Die technische Planung, Realisierung und Integration vor Ort wurde vom deutschen Team der ENPLA GmbH übernommen, dem Entwickler des „E-SpeicherWerks“. Laut Firmenangaben wurde der Speicher in Meggenhorn innerhalb von drei Stunden installiert und in weniger als vier Stunden in Betrieb genommen und an das virtuelle Kraftwerk angeschlossen.
Vorbereitung auf die Energiewende
Ab sofort wird die neue Batterieanlage überschüssigen, unregelmäßig produzierten Solarstrom vom Scheunendach speichern und ihn ins Netz abgeben. Erweist sich dieses Modell auch an den anderen Pilotstandorten von CKW als tauglich, könnten künftig Stromspeicher unverhältnismäßigen Netzausbau ersetzen. Im Versorgungsgebiet von CKW gibt es heute insgesamt ca. 1100 PV-Anlagen. Allein 2012/13 sind 300 neue Anlagen hinzukommen.
Diese sogenannten dezentralen Erzeuger müssen in das bestehende Stromnetz integriert werden. „Dies ist für die Verteilnetze eine neue Situation, da sie den Stromtransport in zwei Richtungen bewältigen müssen: einerseits von den Übertragungsnetzen über die Verteilnetze zum Endkunden und andererseits auch umgekehrt vom Erzeuger zurück ins Netz“, erklärte Heinz Beeler, der kürzlich pensionierte Leiter des Geschäftsbereiches Netze bei CKW.
CKW prognostizierte Anfang des Jahres, dass im laufenden Jahr rund 25% mehr Netzanschlüsse erstellt, geändert oder ersetzt werden müssen als in den fünf Jahren zuvor – hauptsächlich als Folge der zunehmenden Solaranlagen. Dezentrale Stromspeicher können helfen, die Anschlusskosten für neue Solaranlagen regionaler Produzenten zu senken und bilden damit eine wichtige Komponente auf dem Weg zum intelligenten Stromnetz.
Der Schlosspark Meggenhorn ist nun seit Oktober um eine Attraktion reicher: Das an das Landschaftsbild adaptierte Solardach und die Solar-Scheune selbst. Hier können Besucher den rund zwei Meter hohen und zwei Tonnen schweren, dezentralen Speicher durch eine Glasscheibe betrachten. Davor befindet sich ein Informationsboard mit Details zu den Anlagen sowie ein Display, das anzeigt, wie viel Strom gerade produziert wird. „Wir beweisen mit der Solaranlage und dem Speicher, dass die Nutzung EE auch an exponierten Lagen im Einklang mit der Landschaft möglich ist. Es ist geplant, Einheimischen und Touristen aufzuzeigen, dass an diesem Erlebnisort nun auch Forschung für die Stromzukunft betrieben wird“, bekräftigt Urs Brücker, Megger Gemeindepräsident.
Die bauliche Lösung dieses Vorzeigeobjektes zeigt, dass auch an einer sensiblen Lage erneuerbare Energieproduktion möglich ist und nicht zu einer Beeinträchtigung der Landschaft führt.
Autorin: Jacqueline Koch
KONTAKT: ENPLA GmbH, 88356 Ostrach, Tel. 07558 938822, Fax 07558 938758, info@enpla.de, www.e-speicher.com