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Thema: Heizen mit Eis

Prinzipieller Aufbau einer Wärmepumpenanlage mit Eisspeicher und Solar-Luftabsorber. Bild: Viessmann

 

Das „Heizen“ mit Eis ist sicherlich zunächst eine widersprüchliche Vorstellung. Werden Eiswürfel in eine Eisbrennkammer eingefüllt? Oder kann die Kälte des Winters eingefangen und direkt oder indirekt zum Heizen genutzt werden? Diese oder ähnliche Fragen werden immer wieder gestellt. Bei den angebotenen Systemen wird die Wärme genutzt, die durch das Kristallisieren von 0°C kaltem Wasser in 0°C kaltes Eis frei wird.

Hier stellt sich jedoch die Frage, welcher positive Ertrag kann von 0°C Wassertemperatur bis zu 0°C kaltem Eis schon erzeugt werden? Die Antwort ist für den Laien im Grunde verblüffend. Es ist dieselbe Wärmemenge, die benötigt wird, um Wasser gleicher Masse auf ca. 80°C zu erwärmen.
Beim Einfrieren wird der Aggregatszustand des Wassers von flüssig in fest vollzogen. Hierbei werden durch den Gefriervorgang 332,5 kJ (92,36 Wh) je kg Wasser Wärme abgegeben. Nach dem Energieerhaltungsgesetz ist die frei werdende Energie des Einfrierens (Kristallisierungswärme) gleich groß wie die Wärmemenge, die für das wieder Verflüssigen (Schmelzwärme) erforderlich ist. Dieses physikalische Phänomen der frei werdenden Latentwärme, die beim Übergang von flüssig zu fest entsteht, wird mithilfe einer Wärmepumpe technisch nutzbar gemacht. Die Wärmepumpe nutzt die frei werdende Energie zum Aufheizen des Heizkreises, der Brauchwassererwärmung oder zu Kühlzwecken.
Im Jahr 2011 nutzten ca. 45% der Haushalte Erdgas, ca. 30% Öl und ca. 7% Strom für die Beheizung bzw. die Trinkwassererwärmung. Der Rest von ca. 18% nutzte alternative bzw. regenerative Energien. Dazu zählen Holz- oder Pelletkessel.
Bundesweit wurden in diesem Jahr ca. 100 Eisspeicherheizungen gebaut. Die Hersteller von Wärme- und Heizungsprodukten beobachten diesen Markt mit zunehmendem Interesse. Einige von ihnen haben bereits mit der industriellen Fertigung von Systemkomponenten begonnen. Nach heutigen Gesichtspunkten kann sich eine „Eisheizung“ für Ein- bis Zweifamilienhäuser bereits nach 10 Jahren amortisieren, d.h. die Energieeinsparungen gleichen die höheren Investitionskosten nach 10 Jahren wieder aus. Werden die Kosten für Kaminerstellung, Tankanlagen und Genehmigungen in die Kosten-/Nutzungsrechnung mit einbezogen, so verringert sich die Amortisationszeit weiter.
Da die Anlage im Sommer auch zum Kühlen verwendet werden kann, wird zusätzlich der Wohnkomfort erhöht. Derartige Anlagen werden momentan zur Beheizung von Ein- bis Zwei- Familienhäusern mit ausreichender Grundstücksgröße eingesetzt. Die Hersteller solcher Anlagen erwarten aufgrund der möglichen Ener­gie­einsparung und der genehmigungsfreien Aufstellung ein rasantes Wachstum.

Anlagenaufbau
Zisterne bzw. Eisspeicher

Der Eisspeicher ist für derartige Anlagen das eigentliche Herzstück. Der Betonbehälter mit ca. 2,5 m Durchmesser und einer Höhe von ca. 3 m wird unterhalb der Frosttiefe in das Erdreich eingesetzt. Dieser wird mit ca. 8 bis 15 m³ Trinkwasser gefüllt. In dem Betonbehälter sind mehrere 100 m Rohr als Wärmetauscher eingesetzt. Die Rohrwärmetauscher werden über Rohrleitungen, durch die die Soleflüssigkeit strömt, mit der Wärmepumpe verbunden.
Die Anordnung der Wärmetauscherleitungen und die Strömungsführung der Soleflüssigkeit sind so ausgeführt, dass das Einfrieren des Behälterinhaltes aus der Mitte heraus beginnt. In der Natur würde das Wasser von außen nach innen frieren. Dies würde aber dazu führen, dass der Speicher platzt.
Da der Eisspeicher jedoch von innen nach außen gefriert, kann die beim Einfrieren entstehende Volumenänderung (Ausdehnung) von ca. 9% über das Ansteigen des noch flüssigen Wassers am Rande des Behältermantels aufgenommen werden. Die Erdwärme verhindert, dass das Wasser am Behälterrand nicht einfriert. Bei sachgerechter Füllung des Behälters und Vermeidung von Verschmutzungen ist das Wasser Jahrzehnte als „Reaktionsmedium“ zum Einfrieren und Auftauen (Wärmeabgabe und Wärmeaufnahme) nutzbar.
Für den Behälterstandort ist ein statisch sicherer Untergrund erforderlich. Gefüllt haben die Behälter größenabhängig ein Gewicht von 18 bis 25 t. Nach dem Einsetzen muss die bis 4 m tiefe Ausschachtöffnung bzw. der Zwischenraum zum äußeren Betonmantel gewissenhaft verfüllt und verdichtet werden. Für die Erstellung ist in der Regel keine behördliche Genehmigung erforderlich.
Das Füllwasser darf nicht verkeimt oder mit Algen belastet sein. Das gleichzeitige Nutzen als Regenwasserzisterne ist nicht möglich. Das Verzögern bzw. Herabsetzen der Einfriertemperatur durch Frostschutzmittel verringert die Effizienz der Anlage erheblich.

Wärmepumpe
Es kommen handelsübliche Sole-Wärmepumpen zur Anwendung. Da die Temperatur des Wassers im Erdspeicher zwischen ca. 15°C und 0°C liegt, sind die Betriebsparameter der Wärmepumpe relativ konstant. Die Wärmepumpe erreicht so einen Wirkungsgrad bzw. eine COP-Zahl (Coefficient of performance) von 4 und besser. Das heißt, aus 1 kWh Strom macht die Wärmepumpe 4 kWh (und mehr), die dem Heizsystem des Gebäudes zugeführt werden.
Im Heizbetrieb wird die Sole mit –6°C in den Eisspeicher geleitet und auf 0°C erwärmt. Die Sole mit 0°C strömt zur Wärmepumpe, wo sie die Energie über einen Wärmetauscher an das Kältemittel abgibt. Mithilfe des Verdichters wird das Kältemittel auf ca. 45°C bis 55°C erwärmt. Über einen weiteren Wärmetauscher wird diese Wärme an den Heizungsvorlauf übertragen. Das Kältemittel kondensiert bzw. entspannt sich und die Temperatur fällt auf ca. –12°C ab. Die Sole wird wieder auf 6°C abgekühlt und der Kreislauf beginnt von vorn.

Solaranlage/Luftaggregate
Da nach dem Erstarren des Wassers im Eisspeicher keine Wärme mehr entzogen werden könnte, muss dieser nach Möglichkeit geladen werden. Im Prinzip wird ein Teil der erforderlichen Schmelzwärme durch den Erdspeicher dem umgebenden Erdreich entzogen. Zur Optimierung und Sicherstellung kann dieser mithilfe mechanischer Anlagen wie Solaranlagen, Luftwärmetauscher, Luftkollektoren oder Energiezäunen wieder „geladen“ werden. Hierzu ist eine abgestimmte Regelung erforderlich, die entsprechend dem Angebot und Bedarf Pumpen, Ventilatoren bzw. Wärmetauscherkreise steuert.
Geht man von einem 10-m³-Eisspeichervolumen aus, so kann theoretisch ohne Nachladung ca. vier bis fünf Tage geheizt werden. Da jedoch das Nachladen durch die Erdwärme über den Eisspeichermantel kontinuierlich stattfindet, verlängert sich die Zeit erheblich. Den Praxisversuchen und Erfahrungen folgend, kann man von einer Standzeit ohne Fremdnachheizen durch Kollektorenanlagen bei Luftaußentemperaturen unter 0°C von mind. zehn Tagen ausgehen. Da die Regelung jedoch je nach dem Angebot von Umweltwärme und -bedarf die Nachheizmöglichkeiten schaltet, ist mit dem „Erschöpfen“ des Eisspeichers kaum zu rechnen.

Pufferspeicher (bedarfsabhängig)
Um die Schaltzeiten bzw. die Laufzeit der Wärmepumpe zu verlängern, sind auch bei derartigen Anlagen Pufferspeicher von 500 bis 1000 l Inhalt erforderlich. Diese werden mithilfe der Wärmepumpe auf ca. 50 bis 60°C aufgeheizt.

Heizkreissystem
Das Heizungssystem ist dafür da, die Wärme die im Pufferspeicher eingelagert ist, an die Räume abzugeben. Dies erfolgt über Heizflächen, also Heizkörper, Wand- und Fußbodenheizung. Eine Vorlauftemperatur von 50°C sollte nicht überschritten werden. Diese Vorgabe erfüllt eine Wand- oder Fußbodenheizung, da sie mit niedrigen Temperaturen arbeitet.

Brauchwassererwärmer
Ein Trinkwassererwärmer von ca. 150 l Inhalt wird direkt über die Wärmepumpe auf die eingestellte Warmwassertemperatur von max. 55°C erwärmt.

Elektrischer Notheizstab
Je nach Anlage und Ersteller wird in derartigen Anlagen auf Heizstäbe verzichtet oder diese mit Leistungen von 4, 6 oder 8 kW eingesetzt. Der Bedarf ist anlagenspezifisch zu beurteilen.

Beurteilung der Systemtechnik
Die Entwicklung und der Bau derartiger Anlagen stellt eine interessante Variante zur bestehenden Erdwärmenutzung dar. Dabei sind die Kosten und Risiken überschaubar. Weder das Grundwasser als Energiequelle noch Erdreichkollektoren, Energiepfähle oder Erdwärmesonden sind erforderlich. Behördliche Genehmigungen entfallen.
Der Wirkungsgrad derartiger Anlagen ist höher als der einer reinen Luft-Wasser-Wärmepumpe. Zudem ist die Leistung einer Wärmepumpe in Verbindung mit einem Eisspeicher nur bedingt von der Außenlufttemperatur abhängig.
Da sich die Anlagen auch zum Kühlen von Gebäuden eignen, ist zu erwarten, dass der nächste Schritt in Richtung Klimatisierung geht. Allerdings ist die Systemtechnik noch relativ neu. Daher muss sich der Fachmann mit dieser Anlagentechnik befassen. Das Auslegen und Erstellen sollte nicht ohne Hilfe der Komponentenhersteller erfolgen. Diese berechnen die Eisspeichergröße, bestimmen die erforderlichen Komponenten, die Schaltungen und Regelung.

 


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