Der richtige Abstand – Bauaufsichtliche Verwendbarkeitsnachweise als oberste Priorität für Planung und Montage von Rohr-Abschottungen
Die bauaufsichtlichen Verwendbarkeitsnachweise für Abschottungen müssen als elementare Grundlage für einen funktionierenden Brandschutz gesehen werden. Das dort Beschriebene ist bindend. Dennoch darf der Verwendbarkeitsnachweis nicht als Montageanleitung gesehen werden. Die Rahmenbedingungen für den Einbau unterliegen der Bewertung des Planers und des Anwenders. Oft vergessen werden hier Belange wie Montage, Zugänglichkeit, Überwachung oder Wartung. Demnach kann ein 0-Abstand zwar brandschutztechnisch geprüft sein – ob das aber in der Realität umsetzbar ist, bleibt zu bewerten.
Die Ausführungen des DIBt im Newsletter 2/2012 und die Ergänzungen im Newsletter 5/2013 mit den „Grundsätzlichen Regelungen zu Abständen bei Kabel- und Rohrabschottungen“ erklären die Abstände aus den allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen (abZ). Inhaltlich hat sich nichts Wesentliches geändert, außer dass der Abstand in zukünftigen abZ einen gesonderten Bereich einnehmen wird.
Die Aussage des DIBt-Newsletters ist in einigen der neuen Verwendbarkeitsnachweise tabellarisch aufgeführt. Das erleichtert die Übersicht. Bild 1 zeigt einen Auszug aus einem der neuen Verwendbarkeitsnachweise.
Abstände durch Brandschutzregeln
Eine wesentliche Aussage, die immer wieder in der Planung und Ausführung missachtet wird, ist im DIBt-Newsletter 5/2013 vom 31. Oktober 2013 nochmals beschrieben: „In den Zulassungsbescheiden für Kabel- und Rohrabschottungen werden – u.a. aufgrund der Vielfältigkeit der Abschottungsarten – Angaben zu unterschiedlichen Abständen gemacht. So werden z.B. bestimmte Mindestabstände gefordert: zwischen Abschottungen, zwischen Abschottungen und anderen Öffnungen oder Einbauten sowie zwischen einzelnen Leitungen innerhalb einer Öffnung. Die Angaben zu den Mindestabständen sind erforderlich, weil bei Unterschreitung dieser Abstände eine (z.T. erhebliche) Minderung der angegebenen Feuerwiderstandsklassen nicht ausgeschlossen werden kann. Dies haben brandschutztechnische Versuche bestätigt.“
Es sind also nicht nur die Abstände von Rohr zu Rohr oder von Abschottung zu Abschottung im Deckenbereich zu berücksichtigen, sondern auch mögliche andere Hinweise aus den abZ einzuplanen. Schon damit wird deutlich, dass ohne genaues Lesen der Verwendbarkeitsnachweise eine abnahmefähige Baustelle auf Schwierigkeiten stoßen kann. Zur Verdeutlichung ein Beispiel dafür aus dem Bereich der Abschottungen für Mischinstallation: Obwohl beide Verwendbarkeitsnachweise aus Bild 1 und Bild 2 für eine Bauausführung von Gussrohrfallleitung mit Kunststoffrohranschluss (Mischinstallation) gelten, sind vollkommen unterschiedliche Abstandsreglungen zu beachten. Bei der Abschottung „Curaflam System Konfix Pro“ von Doyma ist der Abstand von der gesamten Fallleitung und der Anschlussleitung innerhalb der Etage zu anderen Leitungen mit 200 mm zu berücksichtigen. Das schließt querende Leitungen mit ein, die z.B. als Trinkwasserohr an der Fallleitung vorbeigeführt werden (Bild 3). Bei der Rohrabschottung „Düker BSV 90“ sind die Abstände an der Bauteilöffnung oder der Rohrabschottung am Fußboden mit 100 mm zu anderen Rohrabschottungen zu berücksichtigen. Diese Unterschiede sind bereits bei der Planung zu berücksichtigen.
Bedingt durch die Dimension betrifft der Bereich der Rohrabschottungen meist einen Abstand von 10 cm. Lüftungsschächte, Weichschotts usw. können andere Abmessungen bedingen. Als „Andere Öffnungen“ werden baubedingte Öffnungen von raumabschließenden Bauteilen bezeichnet, z.B. Türen. Zusammenfassend kann ausgesagt werden:
- Für die abZ (Abschottungen) gilt die Aussage des DIBt mit 20 cm bzw. 10 cm (z.B. Kunststoffleitungen mit Brandschutzmanschette, Gussrohrleitungen mit Kunststoffrohranschluss).
- Bei den neuen oder verlängerten allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnissen (abP) werden 10 cm gefordert (z.B. Rohre mit Ummantelung, Gussrohre ohne Kunststoffrohranschluss).
- Bei Europäisch Technischen Zulassungen/Bewertungen wird ein Abstand von 20 cm gefordert.
- Werden andere Abstände geprüft, so sind diese auch Bestandteil des Verwendbarkeitsnachweises und können so als Abschottung ausgeführt werden.
- Der Deckenverguss sollte in Bauteilbeschaffenheit ausgeführt werden, sonst sind die Abstände der Bauteilöffnungen zu berücksichtigen.
- Die Restspaltverfüllung bei den abP sollte zur eigenen Sicherheit analog der abZ-Reglung erfolgen (deckengleiche Qualität).
Was gilt es zu beachten: Abstand aus der MLAR oder die Abstandsaussage des DIBt zur abZ?
Die immer wiederkehrende Diskussion, welcher Abstand zwischen Abschottungen gilt, wenn keine Angaben gemacht werden, hat in der Vergangenheit zur Verunsicherung geführt. Grundsätzlich geht das DIBt davon aus, dass zwischen Abschottungen mit abZ immer 200 mm eingehalten werden müssen. Die Aussage, dass laut MLAR, wenn keine Angaben in den Verwendbarkeitsnachweisen gemacht werden, ein Abstand zwischen Abschottungen von 50 mm ausreichend ist, kann demnach nicht angewendet werden. Da es unterschiedliche Aussagen gibt und die 50 mm aus der MLAR zwischen Abschottungen mit abZ meist von Herstellern zitiert werden, kann dies bei Planern und Installateuren durchaus zu kritischen Situationen führen.
Der Anwender ist also gut beraten, wenn die Abstände vorab geklärt werden. Informierte Gutachter, die der bauaufsichtlichen Regelauslegung des DIBt folgen, können sonst zu geringe Abstände beanstanden. Gleiches gilt für das abP, auch hier sind Änderungen zu vermerken. Für verlängerte oder geänderte sowie neue abP gilt demnach der Abstand von 10 cm. Für die Ausführung sollte demnach auch für abP-Abschottungen ein Mindestabstand von 10 cm eingehalten werden, sofern nichts anderes vermerkt ist.
Abstände mehrerer Abschottungen zueinander
In den Verwendbarkeitsnachweisen werden Aussagen gemacht, die die Rohre oder Leitungen des Verwendbarkeitsnachweises selber betreffen. Wenn also in einer abZ Kunststoffrohre geprüft sind und zueinander einen kleineren Abstand einnehmen dürfen, so sind die Abstände zu anderen Abschottungen (außerhalb dieses Verwendbarkeitsnachweises) dann wieder mit 20 cm bzw. 10 cm zu berücksichtigen. Vielfach wird das bei der Planung und Anwendung übersehen.
Besondere Beachtung ist dann gefordert, wenn mehrere Abschottungen mit unterschiedlichen abZ in einem Rohrbündel zusammengefasst werden. Beispiel: Ein Hersteller hat eine Abschottung für ein bestimmtes brennbares Rohr, z.B. Metallverbundrohr Fabrikat A mit abP geprüft. Die Abstände im abP sind zueinander –(Metallverbundrohr Fabrikat A zu Metallverbundrohr Fabrikat A) mit kleinerem Abstand, z.B. 10 mm, geprüft worden. In der Ausführung kann dann diese Abschottung (Metallverbundrohr A zu Metallverbundrohr A) zueinander mit 10 mm Abstand eingesetzt werden. Zu einem Hausentwässerungsrohr mit einer anderen abZ, z.B. Kunststoffrohr mit Brandschutzmanschette, ist dann gemäß der Aussage des DIBt ein Regelabstand von 20 cm/10 cm einzuhalten, oder es existiert innerhalb der Verwendbarkeitsnachweise ein entsprechender Hinweis auf kleinere Abstände zu anderen Abschottungen.
Gemeinsame Abstandsreglung von verschiedenen Herstellern
Innerhalb eines Verwendbarkeitsnachweises (abZ, abP) können die Zuordnungen zueinander oder zu anderen Verwendbarkeitsnachweisen (abZ, abP) mit geringeren Abständen geregelt sein. Da meist Leitungen verschiedener Hersteller gemeinsam verlegt werden, müssen auch meist mehrere Verwendbarkeitsnachweise für die Abschottungen herangezogen werden. Entweder müssen dann die in der abZ (Beispiel Bild 1) geregelten Abstandsbedingungen eingehalten werden (10 cm oder 20 cm) oder es sind in der abZ Hinweise bezüglich kleinerer Abstände zu anderen Verwendbarkeitsnachweisen benannt. Die beteiligten Verwendbarkeitsnachweise können zusätzliche Hinweise für die Ausführung der anderen beteiligten Abschottung beinhalten. Daher sind alle beteiligten Verwendbarkeitsnachweise für die Planung und Ausführung unbedingt zu lesen und zu berücksichtigen.
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Verlegung und Abschottung von Entwässerungsleitungen
Die Verlegung und Anordnungen von Entwässerungsleitungen hat Einfluss auf die Zulässigkeit einer Abschottung. Werden Entwässerungsgegenstände an die Fallleitung angeschlossen, bedingen deren Anschlusshöhen und das notwendige Leitungsgefälle, den Fallleitungsabzweig möglichst niedrig über der Decke anzuordnen. Damit befindet sich aber auch ein Verbindungsteil innerhalb der Deckendurchführung. Das ist nicht bei allen Verbindungsarten und Abschottungen statthaft: Einige Kunststoffrohre werden als Regelverbindung mit metallischen Spannverbindern verbunden. In den Verwendbarkeitsnachweisen sind z.T. Hinweise enthalten. Bei der Abschottung „Geberit Rohrschott 90 plus“ (abZ Z-19.17-1027) darf in der Rohrdurchführung ggf. eine Steckmuffe angeordnet werden (Hinweis: mit Spannverbinder in der Decke muss das Geberit Rohrschott 120 verwendet werden). Ein metallischer Spannverbinder oder eine Schweißmuffe sind demnach in Verbindung mit einem „Geberit Rohrschott 90 plus“ nicht zulässig. Analog gilt das für andere gleichartige Abschottungen anderer Fabrikate.
Beeinflussung von Abschottungen bei geringem Abstand
Beispielhaft wird das in Bild 4 anhand zweier fehlerhafter Ausführungen gezeigt, der Kombination der abZ Z-19.17-1027 („Geberit Rohrschott 90 plus“) und der abP P-3725/4130-MPA-BS („Rockwool Rohrabschottung für nichtbrennbare Rohre“). Entsprechend den beiden Verwendbarkeitsnachweisen können die Abstände auf 0-Abstand reduziert werden. Links ist das „Geberit db20“ richtig montiert (kein Spannverbinder in der Decke), dafür weist die Rohrabschottung Rockwool einen Mangel auf, indem die Drahtumwicklung fehlt. Auf der rechten Seite ist das „Geberit db20“-Rohr falsch montiert. Der Spannverbinder darf nicht in der Decke eingebaut werden. Das Trinkwasserrohr ist hingegen richtig montiert.
Die Besonderheit an der Situation ist, dass in beiden Fällen alle Abschottungen zu beanstanden und ggf. nicht wirksam sind, da der Abstand auf unter 10 cm reduziert wurde (Einbau 0-Abstand). Auch wenn nur eine Rohrabschottung fehlerhaft montiert ist, sind alle anderen Abschottungen durch die Abhängigkeit zueinander ebenfalls nicht abnahmefähig. Es müssen zwingend alle Bedingungen eingehalten werden.
Fazit: Abschottungen mit geringerem Abstand als der Regelabstand (20 cm/10 cm) können verlegt werden, Gesetz dem Fall das alle Bedingungen eingehalten werden können. Fehler an einer Abschottungsmaßnahme führen zur Nichtabnahmefähigkeit aller beteiligten Abschottungen. Sind Anforderungen in mehreren Verwendbarkeitsnachweisen bezüglich des Abstandes benannt und werden diese auch so gemeinsam aufgeführt, so sind alle beteiligten Verwendbarkeitsnachweise Bestandteil der Bauunterlagen. Damit wird auch für jeden Verwendbarkeitsnachweis die Übereinstimmungserklärung notwendig. Empfehlenswert ist, einen zusätzlichen Hinweis in den Bauunterlagen aufzunehmen, der auf den Zusammenhang und die gemeinsamen Ausführungsbedingungen Bezug nimmt.
Schwierigkeiten vorbeugen durch Dokumentation
Um für die Planung und für die spätere Ausführung die notwendigen Informationen zusammenzuführen, ist es sinnvoll vorab die Rahmenbedingungen zu bewerten. Da die Rohrwerkstoffe bei der Ausführung nicht denen der Planung entsprechen müssen, ist es sinnvoll, zur Ausführung eine verbindliche Skizze zu erstellen, bei der die wesentlichen Parameter aus den Zulassungen eingetragen werden (Bild 5). Mit derartigen einfachen Hinweisen für die Ausführung werden Kommunikationsschwierigkeiten zwischen den Baubeteiligten vermieden.
Deckenverguss und die Bauteilöffnung
Wie Anfangs erwähnt, stellt der Verwendbarkeitsnachweis keine Montageanleitung dar, sondern beschreibt eine Bauart ohne Bewertung der praktischen Montagefähigkeit. So können z.B. als Verfüllmaterial zwischen Rohr/Abschottung und Decke andere Verschlussmöglichkeiten als Mörtelverfüllung zulässig sein – z.B. Ausfüllung des Ringspaltes mit Brandschutzkitt, sofern geprüft. Damit erklärt sich der Begriff Abstand der Bauteilöffnungen: Entspricht das Verfüllmaterial nicht der Bauteilqualität (Decke, Wand) so ist die Bauteilöffnung in die Abstandsregelung einzubeziehen. Das Verschlussmaterial wird der Abschottung zugerechnet.
Bild 6 zeigt als Ausführungsbeispiel ein Hausentwässerungsrohr aus Kunststoff (Brandschutzmanschette mit abZ) und ein Trinkwasserohr (abP, Dämmung stellt die Abschottung dar). Beim Trinkwasserrohr (abP P-3849/5370 MPA BS Armaflex) kann der Restspalt mit Beton oder alternativ mit einer Mineralwollausstopfung mit unter- und oberseitiger Kappung verwendet werden. Bei Verwendung der Mineralwolle zählt dieser Spalt mit zur Abschottung. Der Abstand der Rohre zueinander kann damit erheblich größer werden als bei der Betonverfüllung. Demzufolge ist die Verfüllung in Deckenqualität zu bevorzugen.
Fazit
Die Anwendung von Rohrdurchführungen nach den Erleichterungen der MLAR sollte schon aus wirtschaftlichen Gründen für den Anwendungsfall geprüft werden. Die Abstände können bei geschickter Anordnung und Materialwahl bei 50 mm liegen.
Abstände von Rohren werden in den abZ in einem gesonderten Abschnitt beschrieben. Ist nichts beschrieben, gilt zu anderen Abschottungen laut DIBt ein Abstand von 20 cm.
Werden für den Deckenverguss Materialien verwendet, die nicht der Deckenqualität entsprechen, sind Abstände von Bauteilöffnungen zu beachten. Besser ist, die gleiche Beschaffenheit (Festigkeit) für den Bauteilverschluss zu wählen wie die der Decke oder Wand.
Für verringerte Abstände ist der Verwendbarkeitsnachweis zu beachten. Unterschiedliche Verwendbarkeitsnachweise können in einer Anlage kombiniert werden. Werden zwei oder mehrere Verwendbarkeitsnachweise so zusammen in einer Abschottungsmaßnahme verwendet, dass eine gegenseitige Beeinflussung gegeben ist (Abstände), so sind alle Hinweise für die Montage aus allen beteiligten Verwendbarkeitsnachweisen umzusetzen. Bei verringerten Abständen führt ein Ausführungsfehler einer Abschottung zu einer Nichtabnahmefähigkeit aller beteiligten Abschottungen, auch wenn diese für sich genommen einwandfrei sind.
Sind mehrere Gewerke an einer Abschottungsmaßnahme beteiligt, so ist vorab zu klären, wer die Übereinstimmungserklärung unterschreibt. Eine Dokumentation aller beteiligten Arbeiten ist für eine Verantwortungszuordnung geraten.
Autor: Dipl.-Ing. Gerhard Lorbeer, Moderator und Mitgründer des Internet-Brandschutzforums www.brandschutzfragen.de
Bilder: Gerhard Lorbeer