Das Geschäft mit dem Wasserzähler
Qn 6 m³/h oder Qn 2,5 m³/h? Das ist die Frage, die sich zurzeit viele Mönchengladbacher Endkunden der Niederrheinischen Versorgungs und Verkehrs AG (NVV) stellen. Der Grund: Der Wasserversorger hat in Tausenden Gebäuden zu große Wasserzähler installiert, da deren Auslegung nach DIN 1988 Teil 3 statt nach dem DVGW-Arbeitsblatt W 406 durchgeführt wurde. Die Folge: Höhere Wasserkosten für diejenigen Verbraucher, bei denen ein zu großer Zähler montiert ist.
Wasserzähler in Qn 6 m³/h oder Qn 2,5 m³/h - allein die Grundgebühr differiert in Mönchengladbach um rund 35 Euro. In Berlin beträgt die Differenz über 800 Euro.
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Die falsche Dimensionierung eines Wasserzählers ist weit mehr als nur ein Schönheitsfehler. Sie hat finanzielle Auswirkungen: Nutzer müssen mitunter mehr bezahlen, als sie tatsächlich verbraucht haben. In jedem Fall ist die Abrechnung mit falschen Messwerten nicht zulässig und rechtlich anfechtbar.
In Tausenden Mönchengladbacher Gebäuden ist offenbar genau das passiert: Es wurden überdimensionierte Wasserzähler montiert. Dies hat inzwischen die NVV AG bestätigt, wie die Rheinische Post am 9. Oktober dieses Jahres berichtete. Vorausgegangen waren dem Bekunden nach Überprüfungen unter Anwendung des DVGW-Arbeitsblattes W 406. Dem Bericht zufolge sei der kleinere und somit preiswertere Zähler (Qn 2,5 m³/h) für 95 % aller Fälle - von insgesamt 16 000 installierten Qn-6-Zählern - gerechtfertigt gewesen.
Stein des Anstoßes
Die Ursache der Überdimensionierung liegt in der Anwendung unterschiedlicher Normen. Die NVV hat nach eigenem Bekunden bisher die DIN 1988 Teil 3 für die Größenbestimmung ihrer Wasserzähler zugrunde gelegt. "Diese Vorgehensweise wurde in der Vergangenheit mehrfach durch die Rechtsprechung, zuletzt durch ein Urteil vom März dieses Jahres, bestätigt", argumentiert der Konzern. Eine Ansicht, die auf mehrfachen Widerstand stößt: So hält z. B. der Dozent für die SHK-Meisterausbildung Detlef Poullie von der Handwerkskammer Düsseldorf diese Vorgehensweise für ungeeignet. Poullie: "Die DIN 1988 Teil 3 ist für die Zählerdimensionierung nicht die richtige Norm."
Tatsächlich heißt es bereits seit der ersten Fassung in der DIN 1988-3 (Zitat): "Die Auswahl der Wasserzähler erfolgt daher durch das Wasserversorgungsunternehmen nach den Empfehlungen des DVGW…"
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Die korrekte Berechnungsgrundlage ist demnach das DVGW-Arbeitsblatt W 406. Diese Aussage bestätige auch ein aktuelles Urteil des Landgerichts Leipzig vom 7. September 2009. Die Richter erklärten mit dem Urteil, dass zur Dimensionierung der Wasserzähler ausschließlich der Empfehlung des DVGW-Arbeitsblattes gefolgt werden sollte. Diese ist einfach gestrickt und sagt z. B. für den vorliegenden Fall, dass bei Häusern mit bis zu 30 Wohnungen (Spülkästen) ein Zähler Qn 2,5 m³/h ausreichend ist. Für den Fall, dass noch Druckspüler eingesetzt sind, beträgt die maximale Anzahl 15 Wohnungen.
Im Gegensatz zum Arbeitsblatt W 406 ist für die Dimensionierung nach DIN 1988 der Spitzendurchfluss entscheidend. Dies kann auch schon bei einem Einfamilienhaus mit gehobenem Standard einen Qn-6-Zähler notwendig machen, nicht erst bei mehreren Wohneinheiten. Liegt nach der Berechnung der Spitzendurchfluss unter 1,4 l/s, wurde bisher nach Maßgabe der DIN-Norm ein Qn-2,5-Zähler installiert, liegt er zwischen 1,4 l/s und 3,2 l/s, so wurde in der Regel ein Qn-6-Zähler verwendet.
Überhöhte Wasserkosten
Offensichtlich bewog das Urteil den Wasser- und Energieversorger zum Umdenken - trotz seiner Argumentation, dass letztlich nur ein Urteil des Bundesgerichtshofs die Rechtslage endgültig klären könnte. Das Unternehmen hat nun alle seine Kunden mit einem Wasserzähler vom Typ Qn 6 angeschrieben. Dazu die NVV: "Wir bieten den Verbrauchern an zu prüfen, ob bei Anwendung des DVGW-Arbeitsblattes W 406 der kleinere Zähler (Qn 2,5) eingesetzt werden kann. Sollte nach einer entsprechenden Überprüfung ein kleinerer Wasserzähler ausreichend sein, werden wir aus Kulanzgründen dem Kunden bereits ab dem 1. Oktober 2009 den günstigeren Grundpreis für den kleinen Zähler auch ohne Austausch des Zählers berechnen." Damit würde sich der Grundbetrag um rund 35 Euro reduzieren.
Dass auf die NVV Rückzahlungsforderungen zukommen, ist nicht ausgeschlossen. Schließlich kann auch ein zu großer Wasserzähler höhere Kosten durch falsche Messungen zur Folge haben, wie der Dozent für die SHK-Meisterausbildung Poullie erklärt: "Man muss sich das wie bei einer Schwungscheibe auf dem Spielplatz vorstellen. Wenn man die in Bewegung gesetzt hat, lässt sich diese nicht ohne Weiteres stoppen." Rund 6 % Mehrverbrauch sollen durch die falsche Dimensionierung zubuche schlagen, sagt Poullie unter Berufung auf eine Untersuchung des TÜV Brandenburg.
Dass es sich bei diesem Vorfall um einen Einzellfall handelt, davon ist wohl nicht auszugehen. Laut NVV legen auch andere Trinkwasserversorger ihre Zähler nach DIN aus. In Berlin beispielsweise beträgt die Differenz zwischen den beiden Zählerdimensionen bereits über 800 Euro. Wasserkosten noch nicht inbegriffen. Und so zahlen Tausende Kunden mehr Geld für ihr vermeintlich geliefertes Wasser als eigentlich gerecht wäre.