IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 10/2004, Seite 30 ff.



Anwendung von Trockenurinalen

Prof. Dr.-Ing. Mete Demiriz*

Obwohl Trockenurinale seit Jahrzehnten auf dem Markt sind, wurden sie erst in den letzten Jahren erfolgreich vermarktet. Ein Grund der zunehmenden Popularität sind die steigenden Wasser- und Abwassergebühren.

Ursprünglich wurden stets Bedenken angemeldet, wasserlose Urinale könnten unhygienisch und geruchsbelästigend sein. Jedoch wurden solche Behauptungen durch wissenschaftliche Untersuchungen unter realen Bedingungen [1] widerlegt. Urin von gesunden Menschen ist steril und wirkt desinfizierend. Bei ordentlicher täglicher Pflege der Urinale mit speziellen Sprühreinigern ist ein hygienischer Zustand leicht aufrecht zu halten. Hierfür ist ein alkoholhaltiger Fensterreiniger auch sehr gut einsetzbar. Ihre Oberflächen, bestehend aus Sanitärkeramik, GFK (Glasfaserverstärktem Kunststoff) oder faserverstärktem Zement, lassen sich gut reinigen und sind urinbeständig.

Bild 1: Geruchsverschluss mit Sperrflüssigkeit.

Die Trockenurinale unterscheiden sich von wassergespülten Urinalen und untereinander hauptsächlich durch die Art und Konstruktion ihrer Geruchsverschlüsse. Zur Zeit existieren zwei Hauptvarianten auf dem Markt:

  1. Geruchsverschlüsse mit Sperrflüssigkeit
  2. Mechanische Geruchsverschlüsse.

Geruchsverschlüsse mit Sperrflüssigkeit

Diese funktionieren nach dem Prinzip der Flaschen- oder Röhrengeruchsverschlüsse. Auf der Benutzerseite wird eine Sperrflüssigkeit mit einer geringeren Dichte als der des Wassers und des Urins eingebracht. Die Sperrflüssigkeiten besitzen eine höhere Viskosität, sind meistens mit Duftstoffen versetzt und mischen sich nicht mit Wasser oder Urin. Dadurch schwimmen sie auf der benutzerseitigen Wasser- (Urin-) Oberfläche und verhindern einen Geruchsaustritt. Der eintretende Urin fließt durch die Sperrflüssigkeit hindurch ohne sich damit zu vermischen (Bild 1). Im Gegensatz zu der Ausführung von Feurich [2] wird Urin dabei weder gefiltert noch konditioniert. Organische Sperrflüssigkeiten werden biologisch abgebaut und müssen - am besten regelmäßig - ergänzt bzw. nachgefüllt werden. Biologisch schwer abbaubare Flüssigkeiten sollten nicht verwendet werden, da sie unter Umständen ins Abwasser bzw. in die Abwasserbehandlungsanlagen gelangen können.

Solche Geruchsverschlüsse werden durch die Marken bzw. Modelle von Ernst, Sinaqua-Waterless, Uridan, No-Flush sowie Mc Dry verwendet.

Mechanische Geruchsverschlüsse

Zurzeit befinden sich zwei unterschiedliche Arten von mechanischen Geruchsverschlüssen auf dem Markt:

Bild 2: Geruchsverschluss mit einem Auftriebskörper.

Geruchsverschluss mit einem Auftriebskörper von Urimat: Dieser patentierte Aufbau (Bild 2) besteht aus einem zylinderförmigen Kunststoffbehälter (A) mit Überlauföffnungen in seinem ganzen Umfang, einem Auftriebskörper und einer Gummimanschette mit Dichtlippe (D). Der Auftriebskörper wird durch das Wasser oder den Urin (C) nach oben gegen die Gummimanschette gedrückt und dichtet die Einlassöffnung ab. Ein Sensor unterhalb des Beckens detektiert den Benutzer. Anschließend zieht ein Elektromagnet vor, während und nach der Benutzung den Auftriebskörper nach unten. So kann der Urin vom Urinsammelpunkt (B) in den Geruchsverschluss fließen.

Geruchsverschluss mit Schlauchventil: Ein Schlauch aus einem speziellen wasserabweisenden Werkstoff dient hierbei als Geruchsverschluss. Er ist oben kreisrund offen und unten zusammengedrückt verschlossen - wie ein gebügeltes Hosenbein. Er lässt Urin abfließen, um sich danach sofort wieder zu schließen (Bild 6). Dieser Geruchsverschluss kommt ohne Sperrflüssigkeit und Hilfsenergie aus. Dieses Prinzip wird von den Firmen Franke, Keramag, Kuhfuss und Sphinx benutzt.

Bild 3: Versuchsurinale (v.l.n.r.): Urimat, Sphinx, Mc Dry (Duravit).

Langzeitversuche

Je zwei Trockenurinale der Firmen Duravit, Sphinx und Urimat (Keramik der Firma Laufen) wurden unter realen Bedingungen zwei Jahre lang getestet. Hierfür wurde die Urinalanlage der Mensa-Toilette der Fachhochschule Gelsenkirchen umgerüstet. Der Einbau geschah nach den mitgelieferten Montageanleitungen und bereitete den Installateuren keine besonderen Schwierigkeiten (Bild 3).

Die Führung der Entwässerungsleitung wurde geändert. Alle sechs Urinale wurden an eine DN 50 Sammelleitung aus Glas angeschlossen und mit der Einzelanschlussleitung des nächstgelegenen Waschtisches verbunden. Die Neigung der Sammelleitung betrug 1% (Bild 4). In dem Beobachtungszeitraum kam es in dieser Leitung zu langsam aber stetig wachsenden Ablagerungen. Diese Ablagerungen bestehen aus einer unteren harten Schicht (Urinstein) und einer wesentlich dickeren Schlammschicht, welche zum Teil wie bei einem Blätterteigkuchen durch feine harte Krusten durchsetzt war.

Bild 4: Sammelanschlussleitung aus Glas.

Nach neunmonatiger Nutzung wurde ein Stück dieser Leitung ausgebaut und untersucht. Die Position der ausgebauten Rohrleitung befand sich nach der Einbindung aller sechs Urinale und vor der Einmündung in die wasserführende Entwässerungsleitung (Bild 4), sodass Ablagerungen aller Urinalbenutzungen an dieser Stelle zu beobachten waren. Die Ablagerungsschicht war durchschnittlich 7 mm dick und 42 mm breit (Bild 5). Je höher diese Schicht wird, desto breiter wird zunächst das Flussbett, wodurch sich der Urinfluss verlangsamt und vermehrte Ablagerungen verursacht.

Beide Urimat-Urinale wurden nicht nach Herstellerangaben gewartet, damit die Lebensdauer der Geruchsverschlüsse bestimmt werden konnte. Der Hersteller gibt ein Wartungsintervall von 2-4 Monaten an, wobei der komplette Geruchsverschluss gemeinsam mit dem Auftriebskörper ausgewechselt werden soll. Während der Testphase wurden die Geruchsverschlüsse erst nach 8 Monaten langsam dicht und wurden bis dahin im Durchschnitt 4150 Mal benutzt. Das angegebene Wartungsintervall ist demnach realistisch, sogar eher eine Angabe auf der sicheren Seite.

Die Geruchsverschlüsse waren mit harten Ablagerungen und Schlamm mit organischen und anorganischen Bestandteilen verstopft. Sie ließen sich auseinandernehmen und durch Klopfen, Reiben und Kratzen reinigen. Danach waren sie wieder funktionstüchtig. Vor dem Wiedereinsatz mussten sie aber erneut eingefettet werden, da sonst Urin zwischen Keramik und Geruchsverschluss eingedrungen wäre.

Bild 5: Ablagerungen in der Sammelanschlussleitung nach neunmonatigem Betrieb.

Bei dem wasserlosen Urinal der Firma Sphinx stimmten die Herstellerangaben bezüglich des Wartungsintervalls mit den Testergebnissen überein. Am Ende der Untersuchungsperiode wurde der Geruchsverschluss ausgebaut und das Schlauchventil, welches eigentlich als Geruchsverschluss fungiert, auf seine Funktionalität hin untersucht. Ein Austausch war nicht erforderlich, da dieser noch funktionsfähig war. Lediglich am unteren Rand wurden einige Ablagerungen festgestellt (Bild 6). Sonst waren keine Betriebsstörungen zu verzeichnen. Da die Funktionsweise einfach genial ist und ohne bewegliche Teile, Sperrflüssigkeit sowie Hilfsenergie auskommt, sind hierbei Betriebsstörungen nur im geringen Maße zu erwarten.

Bei dem Modell Mc Dry der Firma Duravit kam es zu seltenen Verstopfungen der relativ kleinen Ablauföffnungen durch Zigarettenkippen, die wie Korken in den Öffnungen steckenblieben. Bei den monatlichen Wartungen des Geruchsverschlusses wurde stets ein Rest der Sperrflüssigkeit und einige Ablagerungen und/oder Zigarettenkippen etc. mit herausgespült.

Ein Mc Dry Urinal wurde nach 18-monatigem ordentlichem Betrieb, d.h. Reinigung und Wartung nach Herstellerangaben, sechs Monate lang nicht gewartet und ohne Trennmittel betrieben. Zur Dokumentation der Ablagerungen wurde es aufgesägt. Im Geruchsverschluss hatte sich eine Ablagerung von 2-6 mm Dicke gebildet.

Wirtschaftlichkeit

Es ist eine Tatsache, dass wasserlose Urinale nur wenig Wasser - nur für Wartung - verbrauchen. Aber welches System wirtschaftlich am sinnvollsten ist, kann nur eine mit realen Daten durchgeführte Wirtschaftlichkeitsberechnung beantworten. Neben Investitionskosten spielen bei einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung folgende Punkte eine wesentliche Rolle:

Bild 6: Ablagerungen an einem Schlauchventil.

Insbesondere die Wartungsintervalle entscheiden, wie wirtschaftlich ein Trockenurinal betrieben werden kann. Die Kritik [1] an den kurzen Standzeiten der Waterless-Geruchsverschlüsse führte nach Herstellerangaben zu einigen konstruktiven Änderungen. Durch Vergrößerung des Geruchsverschlussvolumens und Ausrichtung des Urinüberlaufs über das Ablaufrohr sollen nun 7000 bis 8000 Benutzungen je Geruchsverschluss erreicht werden [3]. Uridan-Urinale besitzen auch einen relativ voluminösen Geruchsverschluss, sodass auch hier die Herstellerangabe [4] von 5000 bis 7000 Benutzungen realistisch ist.

In einigen veröffentlichten Wirtschaftlichkeitsberechnungen werden zu hohe Tagesbenutzungen für Urinale eingesetzt. Realistische Durchschnittswerte liegen höchstens bei 50-70 Benutzungen pro Urinal und Tag. Eigene Messungen zeigen, dass bei automatischen Urinalspülungen 1,5-2 Liter Wasser pro Spülung verbraucht werden. Dabei bleibt die Entwässerungsleitung sauber. Es entsteht kein Urinstein.

Zusammenfassung


[1]M. Demiriz, Wasserlose Urinale, TAB Technik am Bau Technische Gebäudeausrüstung 31, 2000, Heft 11, 63-68
[2]H. Feurich, Urinale in der Kritik, SBZ 59, 2004, Heft 7, 26-29, Gentner, Stuttgart
[3]K. Hettwer, Persönliche Mitteilungen, 29.03.04, Gelsenkirchen
[4]Uridan, www.uridan.de
[5]Arbeitskreis Maschinen- und Elektrotechnik staatlicher und kommunaler Verwaltungen (AMEV), Planung und Ausführung von Sanitäranlagen in öffentlichen Gebäuden (Sanitärbau 2003), lfd. Nr.: 83, Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, 2003, Berlin


*) Prof. Dr.-Ing. Mete Demiriz, Fachhochschule Gelsenkirchen, mete.demiriz@fh-gelsenkirchen.de


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