IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 1/1998, Seite 31 ff.


HEIZUNGSTECHNIK


Ablagerungen in Heizungssystemen

Problemanalyse und Lösungen

Dipl.-Ing. Harald Fonfara*

In der Vergangenheit traten Störungen in Heizungsanlagen auf, bei denen sich in Strömungsquerschnitten Ablagerungen gesammelt hatten. Im schlimmsten Falle setzten sie die gesamte Anlage außer Betrieb. Die Reklamationen von Anlagenbetreibern verunsicherten häufig den Heizungsfachmann und den Hersteller, da übliche Abhilfeversuche, wie z.B. Spülen der Anlage, nur eine kurzfristige Lösung brachten; meistens war nach ein paar Wochen die Störung wieder anhängig. Die Folge: Reklamationen gingen bei Herstellern von Wärmeerzeugern, Ventilen und Heizkörpern ein.

Bei den reklamierten Ablagerungen handelte es sich um körnige, lose Ausfällungen von zumeist brauner Farbe (Bild 1). Reklamationen dieser Art gingen auch im Unternehmen Kermi, Plattling, ein. Wir fragten uns, wie es zur Ansammlung dieser Körnchen an bestimmten Stellen des Heizungsnetzes kommt. Auffällig war eine Konzentration in bestimmten Gebieten Deutschlands, wie z.B. der Region Würzburg, den neuen Bundesländern, dem Bergischen Land, dem Großraum Stuttgart und dem Jura.

Bild 1: Wasserprobe aus einer reklamierten Anlage.

Ebenso auffällig war das Vorhandensein eines Umlauf-Gaswasserheizers, im folgenden umgangssprachlich als Gastherme bezeichnet, als Wärmeerzeuger.

Nachforschungen bei Anlagenbetreibern ergaben, daß - je nach Marktbedeutung - verschiedene Hersteller von Gasthermen betroffen waren. Diesen Firmen war das Problem im Zusammenhang mit Heizflächen verschiedener Hersteller bekannt.

In Zusammenarbeit mit namhaften Herstellern von Heizkörpern und Gasthermen sowie mit Spezialisten der Wasserbehandlung, also mit Herstellern von Chemikalien und Geräten zur Wasserbehandlung, suchten wir nach den Ursachen. Dabei wurden die im jeweiligen Unternehmen bekannten Reklamationsfälle offengelegt und gemeinsam besprochen. Begleitet wurde diese Arbeit durch umfangreiche Analysen der Rückstände aus Kundenanlagen sowie der Beobachtung einer im Hause Kermi installierten Testanlage (Bild 2).

Bild 2: Versuchsaufbau bei Kermi in Anlehnung an eine Kundenanlage. Deutlich erkennbar sind die dem Original nachempfundenen Längen der Anschlußleitungen und die Montagehöhen der Heizflächen.

Es stellte sich heraus, daß alle an ein Testlabor weitergegebenen Rückstände immer die beschriebene körnige Form aufwiesen. Wie die Analyse zeigte, bestanden die Teilchen zum überwiegenden Teil aus Calciumcarbonat - landläufig als Kalk bekannt. Laut Aussage der Wasserversorger, die für das Gebiet der eingereichten Probe zuständig waren, wiesen Trink- und damit auch Füllwasser der Heizungsanlage stets hohe bis sehr hohe Härtegrade auf.

Weiterhin galt es zu klären, weshalb die Rückstände sich hauptsächlich in Heizungsanlagen mit gasbefeuerten Wärmeerzeugern, in der Regel mit Gasthermen, bildeten.

Die Kalkausscheidungen finden physikalisch bedingt immer an den heißesten wasserumschließenden Wandungen, also im Wärmetauscher des Wärmeerzeugers, statt. In einem Heizkessel klassischer Bauart mit 50 Litern und mehr Wasserinhalt lagert sich die Kalkausscheidung als Schicht an der Wärmetauscherfläche an. Bestenfalls lösen sich durch die thermische Belastung Teile der Kalkschicht und sinken nach unten.

Bei Gasthermen als Wärmeerzeuger sind die Wärmetauscher in Form von Rohrschlangen mit sehr kleinen Querschnitten ausgeführt. Die Wärmestromdichte von heißem Gas an das Wasser ist bis an die Grenze des Optimums ausgelegt. Die ausfallenden Kalkteilchen werden deshalb durch die hohe thermische Belastung von der Innenwandung des Wärmetauscherrohres abgesprengt.

Bild 3: Ablagerungen vor einer Querschnittsverengung im Rohrnetz einer reklamierten Anlage.

Konstruktionsbedingt spült der Zwangsumlauf im Wärmetauscherrohr die Teilchen in die Heizungsanlage. Ein Totraum zur Ablagerung, wie in konventionellen Kesseln, fehlt hier. Bei Füllwasser mit niedrigen bis mittleren Härtegraden ist eine solche Ausgangslage nicht problematisch, da die eingebrachte Kalkmenge sehr gering ist und in Verteilern oder Heizflächen einfach abgelagert wird (Bild 3).

Eine andere Situation ergibt sich, wenn das Füllwasser mit beispielsweise 100 mg Kalk pro Liter befrachtet ist. Bei einem Wasserinhalt der Heizungsanlage von 150 Litern (für ein normales Einfamilienhaus mit Flächenheizkörpern und einer Gastherme) ergeben sich fast 14 Gramm Kalkkörnchen in Trockenmasse. Wenn dieser Kalk sich nicht als harte, dünne Schicht an der Wärmetauscherwand ablagert, sondern schaumige und voluminöse Krusten bildet (vergleichbar mit den Körnchen von löslichem Kaffee), dann bewegen sich etwa 2 bis 3 gehäufte Eßlöffel dieser unlöslichen Teilchen in der Heizungsanlage. Derartige Mengen verstopfen Heizkörperventile bzw. Steigrohre von Ventilheizkörpern. Diese Betriebsstörung gelangt als Reklamation zu den Herstellern von Heizkörperventilen oder Heizkörpern (Bild 4).

Bild 4: Filtrat der Wasserprobe gemäß Bild 1. Die körnige Struktur ist deutlich erkennbar.

Wenn sich die Teilchen dagegen in den Wärmetauschern von Gasthermen, deren Pumpen oder aber deren Steuer- bzw. Impulsleitungen festsetzen, sind dies Reklamationsfälle für den jeweiligen Thermenhersteller. Dort sind die Probleme inzwischen auch bestens bekannt.

Selbstverständlich sind die beschriebenen Vorgänge innerhalb der Heizungsanlage nicht nur vom reinen Kalkgehalt des Füllwassers abhängig. Durch die Analyse der bekannten Fälle ergeben sich weitere Einflußfaktoren:

- Inbetriebnahme mit extremen Hochheizen nach der Erstbefüllung bei anfänglich ungenügendem Durchfluß,

- hohes Auslegungsniveau der Vorlauftemperatur,

- keine Toträume in Strömungsrichtung hinter dem Wärmeerzeuger, in denen sich der ausgeflockte Kalk sammeln kann, ohne in die Anlage gespült zu werden,

- hoher Sauerstoffgehalt des Füllwassers mit der Gefahr, daß der körnige Kalk zum Bindemittel für Korrosionspartikel wird, was die Menge der Ablagerungen schnell vervielfacht,

- Befüllung ohne baldige Inbetriebnahme mit der Folge, daß sich an den stehenden Luftpolstern körnige Korrosionspartikel bilden können, die von Kalk wiederum gebunden werden. Ähnliches gilt bei zu kleinen Ausdehnungsgefäßen.

Es wird verständlich, daß beispielsweise zwei Anlagen mit dem gleichen hohen Kalkgehalt des Füllwassers, die unterschiedlich in Betrieb genommen werden, eine unterschiedliche Ausfällung von Körnchen zeigen. So kann die eine Anlage störungsfrei arbeiten und die andere ausfallen. Es wird aber auch deutlich, daß nach einem Anlagenausfall eine Spülung und Neubefüllung der Anlage mit Frischwasser immer nur wieder denselben Kreislauf in Gang setzt. - Keine befriedigende Lösung.

Folgende Maßnahmen schaffen im Störungsfalle Abhilfe oder beugen ihm vor:

- Entleeren der Anlage mit Auffangen des alten Füllwassers, gründliches Spülen der Anlage, Entleeren des Spülwassers, Wiederbefüllung mit dem gefilterten alten Füllwasser,

- Einbau von "Toträumen" in Strömungsrichtung hinter der Gastherme, damit die Kalkteilchen sich dort absetzen können,

- Inbetriebnahme durch Hochheizen der Anlage nur dann, wenn voller Durchfluß durch den Wärmeerzeuger gewährleistet werden kann. Den Wärmeerzeuger nicht auf Vollast stellen und dann die Heizkörperventile öffnen, sondern umgekehrt.

- Befüllung der Anlage mit aufbereitetem Füllwasser gemäß VDI 2035 Blatt 1,

- Inbetriebnahme einer Anlage und Ausgasen unmittelbar nach Befüllung, um stehende Luftpolster als Korrosionsherd auszuschließen,

- sorgfältige Dimensionierung des Ausdehnungsgefäßes, damit Unterdruck und Lufteintritt in die Anlage vermieden werden.

Diese Darstellung verdeutlicht, warum bei Anlagenstörungen infolge Kalkausfällung an die Hersteller der Heizflächen, der Ventile, der Wärmeerzeuger oder anderer Anlagenkomponenten keine Regreßforderungen gestellt werden können. Hier muß die VDI 2035 Blatt 1, die die Steinbildung in Heizungsanlagen beschreibt, berücksichtigt werden, indem die geforderte Qualität des Füllwassers eingehalten wird.

Wer eine Heizungsanlage in Gebieten mit sehr hartem Wasser installiert und befüllt, sollte sich die beschriebenen Zusammenhänge vergegenwärtigen und abwägen, ob er vorbeugt oder im Nachhinein Schäden reguliert.

Die Firma Kermi dankt den Firmen Bosch-Junkers, Wernau; Schäfer-Heiztechnik, Neunkirchen; Schilling-Chemie, Freiberg/N.; Vaillant, Remscheid; Wolf, Mainburg; dem ACL-Labor, Rottenburg sowie dem Sachverständigenbüro WSP-Lab in Fellbach für die offene und angenehme Zusammenarbeit bei der Untersuchung dieses Problems. 


*) Dipl.-Ing. Harald Fonfara, Leiter Entwicklung und Konstruktion, Kermi GmbH Plattling.


B i l d e r : Kermi GmbH, Plattling


[Zurück]   [Übersicht]   [www.ikz.de]